Sondierungen Gewinner und Verlierer des Marathon-Pokers

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Nun kommt alles auf die SPD an

Wäre nun nach den fünftägigen Sondierungen mit der SPD auch noch die Hoffnung auf eine Verlängerung von Schwarz-Rot und die womöglich dritte GroKo unter Merkel zerplatzt - sie hätte mit leeren Händen dagestanden. Ob sie die Scherben dann noch mal hätte kitten können, bezweifeln selbst Wohlgesonnene in CDU und CSU.

Doch nicht nur für Merkel, auch für Seehofer könnte eine neue große Koalition eine der wenigen Chancen sein, sein politisches Überleben zumindest vorläufig zu sichern. Der bayerische Ministerpräsident, der sein Regierungsamt in Bayern ohnehin im Frühjahr an den jahrelangen Lieblingsrivalen Markus Söder abtreten wird, ist Profi genug, um zu wissen, dass ohne ein einflussreiches Ministeramt in Berlin demnächst auch der CSU-Vorsitz futsch sein dürfte.

Außerdem müssen Seehofer und seine Partei aufpassen, dass sie bei der für sie so entscheidenden Landtagswahl im Oktober nicht in einen Abwärtsstrudel hineingezogen werden - wenn im Bund der Erfolg ausbleibt und der Nimbus der bayerischen Partei mit deutschlandweitem Einfluss weiter bröckelt.

Wer hat nun gewonnen und wer verloren im nächtlichen Marathon-Poker? Ganz eindeutig lässt sich das nicht sagen. In nahezu allen Bereichen sei eine Einigung extrem schwierig gewesen, ist in der Nacht zu hören. Und erste Informationen aus dem vorläufigen 28 Seiten dicken Ergebnispapier zeigen: Jede Seite musste Kröten schlucken.

Nun kommt alles auf die SPD an. Nach dem Ende der Sondierungen rotieren die Sozialdemokraten erst richtig. Schon kurz nach der Einigung soll der Parteivorstand abstimmen, ob er dem Parteitag in Bonn am 21. Januar den Einstieg in Koalitionsverhandlungen empfiehlt. In den Tagen bis dahin will Schulz durch die Republik touren und insbesondere die GroKo-kritischen Landesverbände von seinem Kurs überzeugen, allen voran NRW. Aber auch die GroKo-Gegner wollen mobilisieren. Juso-Chef Kevin Kühnert etwa will auch auf Werbetour gehen - für ein Nein zur GroKo.

Was die Sache schwierig macht: Ein großes neues Projekt, ein Herzensthema, das die GroKo-müde SPD munter machen würde, ist auch nach der Einigung nicht in Sicht. Geschweige denn ein Hauch Aufbruchstimmung.

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