In den Sondierungen von Union und SPD für eine neue Große Koalition werden erste Differenzen sichtbar. Einen erheblichen Konflikt gibt es in der Steuerpolitik, über die an diesem Dienstag beraten werden soll: Die CSU lehnt die Forderung der SPD nach einer schrittweisen Anhebung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 45 Prozent ab, wie aus Verhandlungskreisen verlautete.
Die SPD mokierte sich wiederum darüber, dass der CDU-Unterhändler und nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet die Einigung seiner Arbeitsgruppe zur Energiepolitik öffentlich gemacht hatte. Die Sondierer haben sich eigentlich Stillschweigen auferlegt.
Mit Konflikten war zwar gerechnet worden. Jedoch hatten sich die Unterhändler an den ersten beiden Sondierungstagen am Sonntag und zunächst auch Montag bemüht, zumindest nach außen hin das Augenmerk nicht auf das Trennende zu richten. Beim Spitzensteuersatz soll die schrittweise Erhöhung um drei Punkte nach SPD-Vorstellung als Ausgleich für Pläne dienen, ihn erst bei etwas höheren Einkommen greifen zu lassen, wie es weiter hieß. Demnach soll er statt bei knapp 55.000 Euro künftig erst ab 60.000 Euro Jahreseinkommen fällig werden.
Wie sich die Steuern seit 1990 entwickelten
Der „Soli“ wurde erstmals 1991/92 erhoben, um den wirtschaftlichen Aufbau in den damals neuen Bundesländern mitzufinanzieren. Seit 1995 wird er in seiner heutigen Form auf Einkommen-, Lohn-, Kapitalertrag-, Abgeltung- (seit 2009) und Körperschaftsteuer erhoben. Aktuell wird der „Soli“ mit 5,5 Prozent veranschlagt und soll dem Fiskus 2018 nach Prognosen des Finanzministeriums gut 18 Milliarden Euro bringen.
Hier ging es im Lauf der Jahre nach oben. Zwischen 1992 und heute ist der Regelsteuersatz von 14 auf mittlerweile 19 Prozent geklettert. Der ermäßigte Satz, der für immer mehr Produkte und Dienstleistungen greift, liegt seit 1983 bei sieben Prozent.
Unter der rot-grünen Bundesregierung von Gerhard Schröder beschloss Deutschland 2001 eine wichtige Steuerreform. Danach sank der Spitzensteuersatz von 51 Prozent stufenweise auf 42 Prozent im Jahr 2005. Seitdem ist er unverändert. Aktuell greift der Spitzensteuersatz bei 42 Prozent ab einem Jahreseinkommen von 54 950 Euro. Hinzu kommt aber ein Steuersatz von 45 Prozent ab 250 000 Euro.
Sie müssen etwa Aktiengesellschaften oder GmbHs zahlen, die ihre Geschäftsleitung oder den Sitz in Deutschland haben. 2008 senkte die damalige große Koalition unter Angela Merkel die Köperschaftsteuersätze auf 15 Prozent. Das ist im internationalen Vergleich niedrig. Wenn allerdings nicht nur Körperschaftsteuern des Bundes berücksichtigt werden, sondern auch die Belastungen für Gewerbetreibende auf unteren Ebenen liegt der Satz in Deutschland bei knapp 30 Prozent (2016) - also längst nicht mehr so niedrig.
Eine Steuer auf große Vermögen greift seit Ende 1996 in Deutschland nicht mehr. Sie hatte am Ende bei einem Prozent für natürliche Personen gelegen und spülte damit etwa 4,6 Milliarden Euro in die Staatskasse. Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Begünstigung von Grundbesitz 1995 indes für verfassungswidrig, die Steuer wurde abgeschafft.
Zugleich wurde in den Verhandlungskreisen darauf hingewiesen, dass von dieser Verschiebung viele Angehörige der Mittelschicht wegen steigender Mieten und sonstiger Lebenshaltungskosten nicht stark profitieren würden. Umgerechnet würde der Satz dann bei einem Einkommen von knapp 5000 Euro monatlich greifen. Gleichzeitig wurde verneint, dass es erheblichen Handlungsbedarf bei der Erbschaftsteuer für Privatpersonen gibt. So gilt derzeit für Kinder und Enkelkinder bereits ein Freibetrag von 400.000 Euro.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hatte die Sondierer bereits am Montag vor einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes gewarnt. „Wer in diesen Zeiten über Steuererhöhungen auch nur nachdenkt, betreibt ein gefährliches Spiel“, sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer. „Stattdessen ist vielmehr eine Entlastung bitter nötig.“ Für eine Erhöhung gebe es heute noch viel weniger Gründe als vor vier Jahren, als Union und SPD beim Koalitionsvertrag auf Steuererhöhungen verzichtet hätten.
Schweitzer sagte, die Steuerbelastung sei in den vergangenen Jahren deutlich schneller gestiegen als die Wirtschaftsleistung. Die Einnahmen aus der Einkommensteuer hätten sich seit 2010 um 50 Prozent erhöht. „Wenn die Politik jetzt die Steuerschraube noch anziehen will statt sie zu lockern, wird sie überdrehen. Der teure Preis sind dann in Zukunft weniger Wirtschaftsleistung, weniger Jobs und in der Folge auch weniger Einnahmen für staatliche Aufgaben. Das gilt umso mehr als deutsche Unternehmen im internationalen Wettbewerb stehen.“
Das geplante spätere Greifen des Spitzensteuersatzes wird wiederum vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) kritisch gesehen. „Eine Steuerreform ist sinnvoll, wenn sie die Anreize für Arbeit verbessert“, sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher am Dienstag. „Ein späteres Greifen des Spitzensteuersatzes alleine wäre eine reine Klientelpolitik, denn nur knapp sieben Prozent der deutschen Beschäftigten zahlen den Spitzensteuersatz.“ Eine wirtschaftlich sinnvolle Steuerreform sei eine, die vor allem geringe und mittlere Einkommen entlaste.
Ein kommunikativer Konflikt deutete sich ferner mit der Reaktion der SPD auf Laschets Bekanntgabe einer Einigung seiner Energie-Arbeitsgruppe an. Der CDU-Unterhändler hatte am Abend bei einer IHK-Veranstaltung in Düsseldorf weiter gesagt, anders als in den Jamaika-Sondierungen mit Grünen und FDP sei das Thema mit der SPD nicht strittig gewesen. Details nannte er nicht.
Die Sondierer hatten sich geeinigt, dass am Ende jedes Verhandlungstages nur ein Vertreter der jeweils gastgebenden Partei eine Erklärung abgibt. In dieser Eigenschaft war kurz vor Laschet Unionsfraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) aufgetreten, hatte sich inhaltlich bedeckt gehalten und lediglich betont: „Es ist nichts vereinbart, solange nicht alles vereinbart ist.“ Darauf verwiesen nach Laschets Äußerung die Sozialdemokraten: „In der SPD herrscht Erstaunen darüber, dass ein professioneller Verhandler wie Armin Laschet sich nicht an diese Regel hält“, sagte ein Parteisprecher der dpa.
Inhaltlich war zuvor bereits durchgesickert, dass sich Union und SPD vom ohnehin nicht mehr erreichbaren deutschen Klimaziel für 2020 auch offiziell verabschieden wollen. FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sagte der dpa: „Wir hätten uns gewünscht, dass der Unionsteil in den Jamaika-Gesprächen schon vor Wochen bereit gewesen wäre, das einzugestehen.“
Die beliebtesten Finanzämter Deutschlands
Das Portal Lohnsteuer-kompakt.de hat mehr als 100.000 Steuerzahler befragt, wie schnell ihr Finanzamt arbeitet, wie freundlich die Finanzbeamten sind, wie einfach die Kommunikation mit der Behörde verläuft und wie angemessen Steuererstattung beziehungsweise –nachzahlung sind. Abgefragt wurden 600 Ämter in Deutschland. Maximal fünf Punkte konnten vergaben werden. Finanzämter, zu denen weniger als 25 Bewertungen vergeben wurden, fanden keine Aufnahme in das Ranking.
Quelle: Auswertung von Lohnsteuer kompakt - Die beliebtesten Finanzämter Deutschlands 2017
Stand: Die Auswertungen beziehen sich auf den Zeitraum von April 2016 bis März 2017
Auf Platz 20 landet mit 4,35 Punkten das Finanzamt Augsburg-Land in Bayern.
4,36 Punkte bekam das Finanzamt in Rastatt (Baden-Württemberg).
4,40 Punkte vergaben die Bürger für das Amt Kaiserslautern. Das reicht für Platz 18.
Auf Platz 17 der besten Finanzämter Deutschlands kam das Finanzamt Bielefeld-Außenstadt. Es wurde im Schnitt mit 4,42 Punkten bewertet.
In Lüchow in Niedersachsen vergaben die Bürger für das dortige Finanzamt 4,42 Punkte.
4,43 Punkte vergaben die Bürger für ihr Finanzamt in Reutlingen (Baden-Württemberg).
Niedersachsen und NRW liegen in der Durchschnittsbewertung ihrer Finanzämter mit Platz 14 und Platz 16 am Tabellenende. Und ausgerechnet diese beiden Schlusslichter haben jeweils vier Finanzämter in den Top 20. Auf Platz 14 landet mit 4,44 Punkten das Finanzamt Vechta in Niedersachsen.
4,50 Punkte bekam Neustadt in Rheinland-Pfalz. Das Bundesland mit den im Schnitt (3,65) beliebtesten Finanzämtern ist drei Mal unter den besten 20 Finanzämtern Deutschlands vertreten.
Auf Platz 12 "wählten" die Einwohner von Aurich mit 4,53 Punkten in Niedersachsen ihr Finanzamt. (Durchschnitt in Niedersachsen: 2,85 Punkte).
Berlin-Tempelhof bekommt 4,58 Punkte. Das reicht für Platz 11.
4,59 Punkte vergaben die Steuerzahler, für die das Finanzamt in Berlin-Zehlendorf zuständig war. Damit landet Zehlendorf gerade noch in den Top Ten. Auch im Ländervergleich schafft Berlin es (mit einer Durchschnittsbewertung von 3,24 Punkten) auf Platz 10.
Niedersachsen (2,85 Punkte im Schnitt) schafft es in der Länderwertung gerade mal auf Platz 14 von 16. Das Amt Oldenburg allerdings sticht mit 4,65 Punkten deutlich positiv hervor. Platz neun.
4,67 Punkte bekommt das Finanzamt Geilenkirchen in NRW. Das reicht für Platz 8 im Ranking - nicht schlecht für das Bundesland mit den im Schnitt schlechtesten Finanzamts-Bewertungen im Ranking. Nordrhein-Westfalen bekam im Schnitt nur 2,73 Punkte für seine Finanzämter.
Auf Platz sieben liegt mit 4,71 Punkten das Finanzamt Mannheim-Neckarstadt in Baden-Württemberg (Landesdurchschnitt 3,31 Punkte).
Obwohl Nordrhein-Westfalens Finanzämter die Steuerzahler insgesamt wenig beeindrucken konnten (2,73 Punkte bekam das Schlusslicht im Ländervergleich), gibt es einige erfreuliche Ausreißer nach oben - in den Top Ten sind gleich drei Finanzämter aus NRW vertreten. Solingen bekommt 4,73 von fünf möglichen Punkten.
In Bayern (Schnitt 3,42 Punkte) konnte das Finanzamt Bayreuth die Steuerzahler überzeugen. 4,77 Punkte bekam Bayreuth im Durchschnitt.
Eine ebenfalls gute Bewertung bekam das Amt Offenbach am Main II: 4,80 Punkte. Die Durchschnittsnote in Hessen liegt bei 3,40.
Auf Platz 3 schafft es ein Finanzamt aus Mecklenburg-Vorpommern. Das Finanzamt Neubrandenburg bekam von den Steuerzahlern 4,83 Punkte.
Nur knapp den ersten Platz verpasst hat das Amt in Worms-Kirchheimbolanden. Die Behörde aus Rheinland-Pfalz bekommt 4,90 Punkte. Rheinland-Pfalz hat mit einem Durchschnittswert von 3,65 Punkten im Schnitt die beliebtesten Finanzämter Deutschlands.
Das beliebteste Finanzamt Deutschlands liegt in Nordrhein-Westfalen. Mit 4,93 von fünf Punkten schafft es das Finanzamt Köln-Süd auf Platz eins. Interessant ist das vor allem, da NRW im Schnitt die am schlechtesten bewerteten Finanzämter Deutschlands hat. Die mittlere Bewertung liegt zwischen Rhein und Ruhr gerade einmal bei 2,73 Punkten.
Am Dienstag wollen die Parteien die erste Runde der Beratungen in allen Facharbeitsgruppen abschließen. Dazu sollen am Morgen in der bayerischen Landesvertretung neben der AG Steuern/Finanzen noch all jene Arbeitsgruppen weiterberaten, die mit dem ersten Durchgang durch ihre Themen noch nicht fertig sind. Parallel dazu will sich die Sechser-Runde der Partei- und Fraktionschefs um Kanzlerin Angela Merkel (CDU), SPD-Chef Martin Schulz und den CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer weiter über die Ergebnisse der einzelnen Gruppen beugen.
Bis spätestens in der Nacht zum Freitag wollen sie sich darauf verständigen, ob sie eine ausreichende Grundlage für offizielle Koalitionsverhandlungen sehen. Die SPD-Spitze braucht für Koalitionsverhandlungen die Zustimmung eines Parteitags, der am 21. Januar in Bonn stattfinden soll und als große Hürde gilt.
Nach einem Medienbericht bereitet sich die SPD auf eine härtere Gangart gegenüber dem Kanzleramt in einer eventuellen neuen Koalition vor. Unter Federführung des Auswärtigen Amts von Sigmar Gabriel würden dazu Vorschläge der SPD-Ministerien gesammelt, berichtet die „Passauer Neue Presse“ (Dienstag), der ein entsprechendes Schreiben an diese Ressorts vorliegt. Als Negativbeispiel aus der alten Legislaturperiode wird darin unter anderem genannt, dass Gesetzesvorschläge der SPD-Ministerien schon frühzeitig mit dem Kanzleramt sowie der Unionsfraktion abgestimmt werden mussten.