Jüngst schickte der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministers diesem einen Brief.
Freundlich im Ton, klar in der Sache: Es wäre „verhängnisvoll“, so die Forscherelite, setzte die Regierung frühere Reformen und Wettbewerbskraft aufs Spiel. Die Sorge der Forscher kreist um die Rentenkasse. Diese ist derzeit mit einer Rücklage von 34 Milliarden Euro gut gefüllt. Doch der Satz, den Arbeitnehmer und Arbeitgeber hälftig vom Gehalt überweisen, müsste eigentlich um 0,6 Prozentpunkte niedriger liegen. Diese Entlastung strich die Regierung aber, um die Mütterrente und die Frührente mit 63 zu finanzieren. Davon profitieren wenige, doch alle zahlen.
Die Rentenrücklage wird deshalb von nun an wohl beständig schwinden: Ende 2016 werden es nur noch 30,7 Milliarden Euro sein, 2018 dann 23,3 Milliarden und 2020 nur noch 11,2 Milliarden. Spätestens 2021 müsste der Beitragssatz wieder steigen, auf 19,3 Prozent.
Und die Regierung plant schon munter weitere Lasten: die Lebensleistungsrente, die armen Pensionären helfen soll, oder die Erhaltung des Rentenniveaus – nach Rechnung des Ökonomen Reinhold Schnabel wird allein dies bis zu 50 Milliarden Euro extra kosten. Noch gar nicht eingerechnet: die angestrebte Rentenangleichung in Ost und West, die allein zwischen 2018 und 2021 gut elf Milliarden Euro kosten dürfte. Wird nur ein Teil dieser Pläne Wirklichkeit, wäre die Rentenkasse schon vor 2021 leer. Ministerin Nahles will deshalb die Angleichung der Renten aus Steuergeld finanzieren. Der Steuerzuschuss für diese Sozialkasse beträgt aber heute schon 62 Milliarden Euro – pro Jahr.
Prognose: Werden nur einige der geplanten Vorhaben Gesetz, steigt der Beitragssatz spätestens 2020 wieder deutlich über 19 Prozent.
Arbeitslosigkeit - Beitrag 3,0 Prozent
Diese Versicherung ist die Ausnahme. Der Beitrag liegt nicht einmal halb so hoch wie vor zehn Jahren. Im Juli waren 2,66 Millionen Menschen arbeitslos, 112 000 weniger als im Vorjahr. Die Zahl der offenen Jobs liegt bei fast einer Million. Die Arbeitsvermittlung ist schneller und besser als früher; zugleich schafft die deutsche Wirtschaft mehr Jobs als früher.
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) muss deshalb weniger auszahlen. Die Rücklage lag im Juni bei 8,48 Milliarden Euro. Doch als die Finanzkrise 2009 auch Deutschland erschütterte, verfügte die Behörde über ein Polster von 18 Milliarden Euro. Sie zahlte viel Kurzarbeitergeld, um Entlassungen zu vermeiden. Die Reserve schwand. Deshalb, heißt es aus der BA, solle der Satz nicht weiter sinken. Sie wolle „ausreichend Rücklagen bilden für schlechte Zeiten“.
Prognose: Kommt keine neue Wirtschaftskrise, wächst die Rücklage weiter – und der Beitrag bleibt bis 2020 stabil bei 3,0 Prozent.