Soziale Medien Familienministerium hat fast 80 Twitter-Accounts blockiert

Der Bund reagiert auf respektloses Verhalten auf seinen Twitter-Kanälen mit Account-Blockierungen. Die Linken sehen die Meinungsfreiheit bedroht.

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Twitter erlaubt das Blockieren von Followern. Quelle: dpa

Berlin Eigentlich ist die Sache klar: Dass seit 1. Januar 2018 geltende Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) schreibt vor, dass Online-Plattformen wie Facebook oder Youtube klar strafbare Inhalte binnen 24 Stunden nach einem Hinweis löschen müssen – und in weniger eindeutigen Fällen eine Woche Zeit haben.

Bei Verstößen drohen Strafen von bis zu 50 Millionen Euro. Wenn die Netzwerke nicht schnell genug reagieren, können sich die User beim Bundesamt für Justiz beschweren.

Die Bundesregierung hat selbst für solche Beschwerden offenbar keinen Anlass. Jedenfalls haben die einzelnen Ministerien und die ihnen nachgelagerten Behörden in ihren Twitter-Kanälen keine Inhalte ausgemacht, die ein Strafverfahren gegen die entsprechenden Urheber rechtfertigen würde.

Das geht aus einer dem Handelsblatt vorliegenden Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage des Linksfraktions-Abgeordneten Niema Movassat hervor. Dennoch sehen sich Ministerien und Behörden mit Probleminhalten konfrontiert. Solche Inhalte bleiben dann nicht stehen, sie werden mitunter aus der Timeline geworfen, indem der jeweilige User blockiert wird.

So hat etwa das Bundesfamilienministerium seit Juli 2016 in 79 Fällen davon Gebrauch gemacht, Twitter-Accounts zu blockieren. Auch andere Ministerien und Behörden blockierten teilweise einzelne Follower.

Laut der Zusammenstellung des Bundespresseamts für den Zeitraum 2013 bis März 2018 hat das Bundesinnenministerium bisher 63 Mal die Möglichkeit genutzt, das Bundesgesundministerium 14 Mal. Alle anderen Ministerien haben entweder keine Follower blockiert oder können keine Angaben dazu machen, weil eine Auswertung für den gefragten Zeitraum technisch nicht möglich sei, wie Regierungssprecher Steffen Seibert in der Antwort mitteilte.

Dasselbe gilt für die meisten Behörden. Den Angaben zufolge blockierten insgesamt neun Behörden die Twitter-Accounts von Followern, darunter die Bundespolizei in 45 Fällen, die Asyl-Behörde Bamf in 37 Fällen und die Antidiskriminierungsstelle in 18 Fällen.

Laut Seibert entscheiden die Bundesressorts selbstständig darüber, nach welchen Kriterien Nutzer blockiert werden. Allerdings gebe es „Kernkriterien für die Gewährleistung einer respektvollen Diskussion“. Dazu gehörten etwa „die Verhinderung der Verbreitung von Beleidigungen, Verleumdungen, übler Nachrede sowie von Kommentaren mit gewaltverherrlichenden, diskriminierenden, rassistischen, sexistischen, hasserfüllten, menschenverachten oder verfassungsfeindlichen Äußerungen oder Inhalten“.

Die Entscheidungen über Account-Blockierungen werden überwiegend in den Abteilungen für Öffentlichkeitsarbeit getroffen oder in den jeweiligen Social-Media-Redaktionen. Regierungssprecher Seibert erklärte, die Bundesregierung mache von der Blockademöglichkeit „nur sehr restriktiv und unter strikter Wahrung des Neutralitätsgebots entlang sachlicher Kriterien Gebrauch“.

Der Linksfraktion-Abgeordnete Movassat kritisierte hingegen, dass die Twitter-Blockaden von Personen in den Ministerien vorgenommen würden, „die keinen juristischen Background haben“, obwohl es um Grundrechtseingriffe gehe. „So kann nicht ausgeschlossen sein, dass viele zu Unrecht blockiert werden.“ Zudem sei das Blockieren auch „verfassungsrechtlich hochproblematisch“, da die Meinungs- und Informationsfreiheit der Nutzer beschnitten werde.

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