SPD-Chef Sigmar Gabriel "Diesem Steuer-Irrsinn werden wir nicht zustimmen"

Seite 3/5

Die SPD will den Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer von 42 auf 49 Prozent erhöhen. Glauben Sie im Ernst, dass Sie damit Begeisterung ernten?

Wir wollen zugleich ja auch die Einkommensgrenzen verschieben. Im Übrigen gilt: Bei Kohl lag der Spitzensteuersatz noch bei 53 Prozent, eine sozialdemokratische Regierung hat ihn auf 42 gesenkt. Ich halte einen Satz von 49 Prozent für angemessen.

Wenn Sie den Spitzensteuersatz so stark erhöhen – braucht man dann die Reichensteuer noch?

Aus meiner Sicht nicht. Der Begriff riecht sehr nach Sozialneid. Ich habe nichts gegen Reiche. Es gibt in Deutschland nicht zu viel, sondern zu wenig Millionäre.

Weil Sie die richtig abkassieren können?

Niemand wird nur durch seine eigene Leistung reich. Sondern es geht fast immer um die Kombination aus eigener Leistung und guten Rahmenbedingungen in einer Gesellschaft. Bildung, Rechtsstaat und Sicherheit sind doch wichtige Voraussetzungen für jeden Wohlstand in unserem Land. Die Finanzierung dafür müssen wir fair verteilen. Dazu auch als Besserverdienender Ja zu sagen ist nichts anderes als sozialer Patriotismus.

Glauben Sie, dass das auch die Personengesellschaften im Mittelstand so sehen?

Wir haben auch die Mittelständler während unserer Regierungszeit drastisch entlastet. Wir haben keine überdimensionierten Steuersätze, in der Europäischen Union liegen wir im Mittelfeld.

Wann soll die Neuverschuldung nach ihrem Konzept auf null sinken?

Wenn konjunkturelle Steuermehreinnahmen ohne Wenn und Aber in den Abbau der Neuverschuldung gesteckt werden, können wir im Jahr 2017 ohne neue Schulden auskommen.

Und in der Haushaltsdebatte tritt dann Bundeskanzler Peer Steinbrück auf? 

Jedenfalls ein Sozialdemokrat, da bin ich sicher.

Was macht Sie denn so sicher?

Weil es 2013 für die heutige Koalition keine Mehrheit mehr geben wird. Und bei der Mehrheitsbildung jenseits der Union ist die SPD das Zentrum.

Die Grünen sind in den Umfragen aber fast so stark wie die Sozialdemokraten.

Ich halte es lieber mit Wahlergebnissen als mit Umfragen. Aber ich habe gar kein Interesse daran, dass die Zustimmungswerte zu den Grünen einbrechen. Wir brauchen sie ja als Koalitionspartner. Die Grünen sind die neue liberale Partei in Deutschland.

Das meinen Sie nicht als Kompliment.

Doch, durchaus. Die Grundeigenschaft einer liberalen Partei ist doch, dass sie koalitionsfähig für verschiedene Seiten ist. Die SPD hat viele Jahre dafür gekämpft, dass sich die sozialen Milieus auflösen. Damit hatten wir Erfolg – und so haben sich auch traditionelle Wählermilieus aufgelöst. Das hat die Chance für eine liberale Partei vergrößert. Die FDP hat das nicht gemerkt, die Grünen schon. Und natürlich könnten die Grünen auch mit der CDU koalieren.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%