SPD-Chef Viel Ablehnung für Schulz' Europa-Vision

Martin Schulz' Europa-Vorstoß hat eine klare Linie zwischen SPD und Union hervorgebracht. Der Vorschlag sei unrealistisch, sogar gefährlich, heißt es. Auf die Kritik von Alexander Dobrindts antwortet Schulz entschieden.

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Berlin Mit seinem Vorstoß zum Umbau der EU in die Vereinigten Staaten von Europa stößt SPD-Chef Martin Schulz bei den Unionsparteien auf schroffe Ablehnung. Unions-Fraktionschef Volker Kauder sagte, in dem Vorschlag sehe er eher „eine Gefahr für die EU und für die Zustimmung der Bürger zu Europa“.

Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) nannte den Vorschlag unrealistisch. Einer Emnid-Umfrage für „Bild am Sonntag“ zufolge befürworten nur 30 Prozent der Deutschen den Plan. 48 Prozent sprachen sich dagegen aus. 22 Prozent waren sich unsicher oder machten keine Angaben. Schulz und Außenminister Sigmar Gabriel verteidigten dagegen den Vorstoß.

Schulz hatte beim SPD-Parteitag zu einer Stärkung der EU aufgerufen und als Zielmarke vorgeschlagen, spätestens 2025 die Vereinigten Staaten von Europa verwirklicht zu haben. Er wolle einen Verfassungsvertrag, der ein föderales Europa schaffe.

Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel hatte den Vorstoß bereits am Donnerstag zurückgewiesen und stattdessen konkrete Reformen gefordert. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sagte am Sonntag im ZDF, Schulz habe „die Pferde scheu gemacht“, indem er die Vereinigten Staaten von Europa bis zum Jahr 2025 als Ziel ausgegeben habe. „Ich finde diese Vision klasse. ... Aber es ist eine Vision, die vielleicht für die Generation meiner Enkelkinder dann auch realistisch ist.“ Schulz spalte mit seinen Bemerkungen.

Kauder sagte dem „Tagesspiegel“ vom Sonntag, momentan sehnten sich die Menschen eher nach Verlässlichkeit, die sie auch in den Nationalstaaten zu finden glaubten. Altmaier sagte der „Rheinischen Post“, nachdem er das Scheitern eines europäischen Verfassungsvertrags in den Jahren 2002 und 2003 erlebt habe, sehe er ein solches Projekt als nicht realistisch an, vor allem nicht bis 2025. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff betonte, dass die Idee nicht Teil einer großen Koalition werden könne. Auch der designierte bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) äußerte sich ablehnend.

Schulz reagierte zum Abschluss des SPD-Parteitags auf Kritik von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, er sei ein Europa-Radikaler: „Ja, Herr Dobrindt, nicht nur ich, meine ganze Partei. Wir sind radikale Pro-Europäer.“

Außenminister Gabriel stellte sich hinter Schulz' Idee. „Es ist besser, dass wir jetzt mal über eine große Idee debattieren, als uns jeden Tag irgendwie im Klein-Klein zu verhaken“, sagte er. Die Europäer müssten sich zur Verteidigung ihrer Interessen zusammenschließen. Einzelne Länder und auch das starke Deutschland seien bei großen Fragen allein zu klein. „Deshalb brauchen wir eine gemeinsame Stimme in der Welt, damit wir überhaupt als Europäer in der Welt gehört werden“, sagte Gabriel im Deutschlandfunk.

Das Thema Europa dürfte ein Schwerpunkt bei Gesprächen zwischen Union und SPD über eine Regierungsbildung werden.

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