SPD gegen pauschale Steuersenkung Streit um die Staatsmilliarden

Wenn der Staat schwarze Zahlen schreibt, kommt der Ruf nach Steuersenkungen schnell. Erst recht, wenn ein Wahlkampf näher rückt. Doch das Thema ist umstritten – auch innerhalb der Parteien.

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Stephan Weil (SPD) empfiehlt seinen Parteikollegen, mit dem Thema Steuer in den Wahlkampf zu ziehen. Quelle: dpa

Berlin Die SPD lehnt trotz des Milliarden-Überschusses im Staatshaushalt Steuergeschenke für alle ab. Stattdessen sollten gezielt kleine und mittlere Einkommen entlastet werden, sagte Fraktionschef Thomas Oppermann am Donnerstag am Rande seiner Sommerreise im Harz. „Allgemeine Steuersenkungen, von denen auch Spitzenverdiener profitieren, sind nicht angesagt.“ Offen zeigte er sich für den Vorschlag des niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD), den Spitzensteuersatz später greifen zu lassen. Eine Einkommensgrenze „unter 60.000 Euro“ sei dafür zu früh.

Weil rief die Sozialdemokraten in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ auf, der Union das Thema Steuersenkung nicht zu überlassen. „Ich halte einen deutlich zweistelligen Milliardenbetrag als Entlastung für realistisch“, sagte er.

Das Statistische Bundesamt hatte am Vortag mitgeteilt, dass Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen nach vorläufigen Berechnungen 18,5 Milliarden Euro mehr eingenommen als ausgegeben hätten. Ein Sprecher des Finanzministeriums hatte dazu erklärt, der Überschuss sei auf „solide Haushaltspolitik“ zurückzuführen. Allerdings könne man aus dem Halbjahresergebnis nicht auf das gesamte Jahr 2016 schließen. Der Wirtschaftsflügel der Union hatte daraufhin Steuerentlastungen für Bürger und Unternehmen gefordert.

Die SPD will im kommenden Jahr mit einem Konzept für mehr Steuergerechtigkeit in den Bundestagswahlkampf ziehen. Parteichef Sigmar Gabriel hatte dazu gesagt, untere Einkommensgruppen hätten von Steuersenkungen nichts, weil sie nicht die Steuern drückten, sondern Abgaben. Am Donnerstag beteiligte sich Gabriel nicht an der Debatte.

Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft sagte der Deutschen Presseagentur, die Sozialdemokraten prüften eine Entlastung insbesondere von Familien und Alleinerziehenden. „Dabei reden wir nicht nur über Steuern, sondern auch über Sozialversicherungsbeiträge.“


„Differenzierte Debatte notwendig“

Der linke Flügel der SPD-Bundestagfraktion mahnte „viel höhere“ Investitionen in Bildung und Infrastruktur an. „Auch über Steueranteile bei der Sicherung unserer Sozialsysteme müssen wir reden“, sagte der Sprecher der Parlamentarischen Linken, Matthias Miersch, der dpa. Er sei aber wie Weil der Meinung, dass die Entlastung kleinerer und mittlerer Einkommen auf die Tagesordnung gehöre. „Deshalb wird eine differenzierte Debatte notwendig sein.“

Investitionen forderte auch SPD-Fraktionsvize Axel Schäfer. Deutschland müsse Motor für die europäische Wirtschaft sein, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Dagegen dürfe man sich nicht ausschließlich aufs Sparen konzentrieren.

Dagegen mahnte der haushaltspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Eckhardt Rehberg, „haushaltsmäßige Vorsicht“ an. „Wichtiger als neue Sozialleistungen ist die Entlastung der Bürger, nachdem die Investitionen des Bundes in die Verkehrsinfrastruktur sowie in Bildung und Forschung bereits auf Rekordhöhe sind“, teilte er mit.

Linksfraktionschef Dietmar Bartsch sprach sich gegenüber der dpa wie die SPD für eine Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen aus. Zugleich bekräftigte er seine Forderung nach einer „Wiedererhebung der Vermögenssteuer als Millionärssteuer“.

Als „reine Augenwischerei“ bezeichnete AfD-Bundesvorstandsmitglied Alice Weidel die Forderungen nach Steuersenkungen und Mehrausgaben. Priorität müsse der Abbau der „astronomischen Staatsverschuldung“ haben.

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