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SPD-Generalsekretär Hubertus Heil: Rüttgers 2,3 Milliarden Euro sind unseriös gerechnet

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil lehnt die Rüttgers-Vorschläge ab – und fordert weiterhin die flächendeckende Mindestlöhne noch in dieser Koalition.

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Hubertus Heil, Quelle: dpa-dpaweb

Hubertus Heil hat die Forderung des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) nach höheren Renten für Niedrigverdiener kritisiert. Sie beruhe auf falschen Berechnungen, sagte der SPD-Generalsekretär im WirtschaftsWoche-Interview und bezog sich auf die von Jürgen Rüttgers genannten 2,3 Milliarden Euro Kosten im Jahr 2030. „Mit Verlaub, Herr Rüttgers hat keine Ahnung von den Zahlen. Ich halte die 2,3 Milliarden für unseriös, das wird um ein Vielfaches teurer.“

Weiter wirft Heil Rüttgers „Eulenspiegelei“ vor. So zitiere dieser die Beschlüsse des Leipziger Parteitages nur teilweise. Damals hatte die Union beschlossen, dass Rentner, die länger als 35 Jahre lang eingezahlt haben, 15 Prozent mehr Rente erhalten müssten als die Grundsicherung ausmacht. Im Gegenzug wollte die CDU die von Rot-Grün eingeführte bedarfsorientierte Grundsicherung streichen. Heil: „Letzteres erwähnt Rüttgers wohlweißlich nicht. Denn das würde vor allem Mütter mit unterbrochenen Erwerbsbiografien und Arbeitslose in Ostdeutschland treffen.“ Es gehe dabei um die Umverteilung unter denjenigen, „die eh nicht viel haben“.

Mehr Rente für Niedrigverdiener sei der falsche Ansatz, argumentierte Heil, die beste Methode, Menschen vor Altersarmut zu schützen, sei es, dafür zu sorgen, "dass sie möglichst dauerhaft gute Jobs und gute Einkommen haben." Dem jedoch stellt sich die Union nach Meinung Heils in den Weg: "Was paradox an der Debatte ist: Ein Herr Rüttgers bemängelt, dass die Leute keine ordentlichen Renten bekommen, und die Union bekämpft gleichzeitig die Einführung von Mindestlöhnen, die ja zu besseren Renten führen würden."

Mit Blick auf die Bundestagswahl 2009 kündigte Heil an, der Union das Thema Wirtschaftskompenz streitig machen zu wollen: „Da wird die Wirtschaftskompetenz der SPD ein wichtiges Thema sein. Für die SPD gehören wirtschaftliche Dynamik und soziale Gerechtigkeit zusammen.“ Für diese Kompetenz stehe vor allem Bundesfinanzminister Peer Steinbrück. Heil: „Die Union indes hat niemand mehr, mit dem die für wirtschaftspolitische  Kompetenzen werben kann. An dieser Stelle gebe ich Friedrich Merz vollkommen recht.“

Heil fordert von Union Koalitionstreue

Kurz vor dem nächsten Treffen des Koalitionsausschusses hat Heil die CDU zur Koalitionstreue ermahnt. Es gebe zwar „den einen oder anderen Versuch aus der Union, den Kompromiss“ zum Mindestlohn zu „torpedieren“, sagte Heil.

Aber er sei sicher, dass die Koalition über die Ausweitung des Entsendegesetzes und das Mindestarbeitsbedingungengesetz flächendeckende Mindestlöhne einführen werde. „Arbeitsminister Scholz hat sich an die Vorgaben gehalten. Ich gehe davon aus, dass auch die Union ein treuer Koalitionspartner ist“, sagte Heil. „Die Aufnahme der Zeitarbeit in das Entsendegesetz ist für die SPD essentiell.“

Bisher blockiert das unionsgeführte Wirtschaftsministerium die Pläne zur Einführung von Mindestlöhnen, weil es dem SPD-geführten Arbeitsministerium vorwirft, bei der Verfassung der Gesetzentwürfe über die Absprachen der Koalition hinausgegangen zu sein.

Grundsätzlich äußerte Heil scharfe Kritik am Verhalten der CSU in der großen Koalition. „CDU und CSU sind zwei verschiedene Parteien. Wir arbeiten in Berlin in einer Drei-Parteien-Koalition. Vor allem die CSU führt sich vor den bayrischen Landtagswahlen zunehmend als Oppositionspartei auf“, sagte Heil.

CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer hatte in der vergangenen Woche angedroht, die Erbschaftsteuer auslaufen zu lassen. Die Erbschaftssteuer soll daher auch Thema in der Koalitionsrunde sein. Heil sagte, er sei „sicher“, dass die Reform der Erbschaftssteuer kommen werde. „Wichtig ist, was die Koalition beschließt, und nicht jedes Interview eines aufgeregten CSU-Politikers im Wahlkampf.“

Zudem hatte die CSU Kritik an der Einführung des Gesundheitsfonds geäußert. Heil sagte, der Fonds sei ein Herzensanliegen der Bundeskanzlerin, nicht der SPD. „Aber wir stehen dazu und sind vertragstreu, denn der Fonds war Teil des Kompromisses zur Gesundheitsreform“, so Heil. Da an dem Fonds auch der faire Finanzausgleich unter den gesetzlichen Krankenkassen hänge, „sollte er auch umgesetzt werden, so wie wir es beschlossen haben“.

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