Bei seinem ersten Wahlkampfauftritt nach der Entscheidung der Troika für die Kanzlerkandidatur zeigte sich Steinbrück in Münster kämpferisch und rief zur Geschlossenheit auf: "Diese Bundestagswahl ist nur durch die Mobilisierung der Anhänger zu gewinnen." Großen Beifall erhielt er vor allem dann, wenn er die Bundesregierung frontal angriff. "Schwarz-Gelb kann nicht regieren - so einfach ist das. Die Vorstellung ist die schlechteste eines Bundeskabinetts seit 1949", klagte er. "Es wird diese Bundesregierung in zwölf Monaten nicht mehr geben."
Steinbrücks Vorschläge zur Bändigung der Finanzmärkte (2012)
Finanztermingeschäfte (Derivate), die völlig unkontrolliert an der Börse vorbei abgewickelt werden, sollen stark eingeschränkt werden. Solche Over-the-Counter-Geschäfte (OTC - „über den Tresen“) nehmen seit einiger Zeit massiv zu.
Begrenzung der absoluten Zahl von Warenterminverträgen zu Spekulationszwecken (sogenannte Positionslimits). Verbot von Geschäften mit Agrar- und Energierohstoffen sowie Nahrungsmitteln für Banken und Finanzgesellschaften.
Das seit 2010 geltende Verbot von ungedeckten Leerverkäufen auf Aktien und Staatsanleihen wird auf Kreditderivate von Banken und Firmen ausgeweitet.
Nur noch vorher überprüfte Unternehmen dürfen damit an der Börse tätig werden. Notwendig sei eine Mindestverweildauer, bis ein Auftrag ausgeführt wird.
Dazu sollen auch ausländische Töchter europäischer Banken herangezogen werden. Ebenso der außereuropäische Handel mit Wertpapieren von Emittenten aus Europa.
Zu Vermeidung von Blasen soll in Europa für die Beleihung eine Obergrenze von 80 Prozent zum Preis der Immobilie bzw. zum eingebrachten Eigenkapital vereinbart werden - in Boom-Phasen von 60 Prozent.
Der Staat soll sich aus der Haftung für die Banken weitgehend zurückziehen. Die Institute sollen europaweit aus eigenen Mitteln einen Rettungsschirm in Höhe von 150 bis 200 Milliarden aufbauen. Dieser „Banken-ESM“ soll auch Großbanken abwickeln oder restrukturieren können. Für kleine und mittelgroße Banken soll ein nationaler Fonds zuständig sein. Auch die Aktionäre und Gläubiger seien neben den Eigentümern an den Verlusten zu beteiligen.
Zunächst soll der Eigenhandel von Banken beschränkt werden. Darunter versteht man Geschäfte, die zur kurzfristigen Gewinnerzielung auf eigene Rechnung getätigt werden. In einem zweiten Schritt ist die Trennung des Einlage- und Kreditgeschäfts vom Investmentteil geplant. Fortführung der Bereiche unter dem Dach einer Holding als rechtlich eigenständige Töchter.
Ihre Zahl soll von bislang zehn auf zwei bis drei schlagkräftige Institute verringert werden.
Für Hedge-Fonds, Private Equity, Zweckgesellschaften oder Geldmarktfonds sollen die gleichen Eigenkapitalregeln gelten wie für Banken. Verbot der Kreditvergabe an solche Finanzgesellschaften und der Beteiligung von Banken an ihnen.
Plädiert wird für eine europäische Bankenaufsicht nur für systemrelevante Großbanken unter dem Dach der EZB. Deutsche Spar- und Genossenschaftsbanken sollen nicht davon betroffen sein.
Alle Top-Verdiener (nicht nur der Vorstand) einer Bank sollen ihr Einkommen veröffentlichen. Die erfolgsabhängigen Zuschläge dürfen das Festgehalt nicht übersteigen.
In der Euro-Krise attackierte Steinbrück Kanzlerin Merkel. Sie müsse den Deutschen "endlich die Wahrheit sagen", sagte Steinbrück der "Welt am Sonntag". Griechenland werde sich noch sieben bis acht Jahre lang kein Geld am Kapitalmarkt leihen könne. "So lange werden wir helfen müssen."
Die Griechen müssten zu ihren Verpflichtungen stehen, "aber wir sollten ihnen mehr Zeit geben", verlangte Steinbrück. Er schloss nicht aus, einem weiteren Hilfspaket zuzustimmen: "Ob die SPD im Bundestag einem dritten Hilfspaket für Athen zustimmen würde, kommt auf die Bedingungen an."
Strikt wandte sich Merkels Herausforderer gegen einen Euro-Austritt Athens: "Wir sollten allen, die martialisch den Rauswurf Griechenlands aus der Euro-Zone fordern, deutlich sagen: Ihr wisst nicht, wovon ihr redet! Die politischen und ökonomischen Erschütterungen wären verheerend."
Mit seinen Griechenland-Ideen löste Steinbrück sofort Widerspruch aus. Unions-Chefhaushälter Norbert Barthle kritisierte, schon jetzt über ein drittes Hilfsprogramm für Griechenland zu reden. Aber auch der Ökonomund IMK-Chef Gustav Horn kritisierte Steinbrück: "Er hat noch nicht die grundlegende Funktion von Zentralbanken auch für die Rettung Griechenlands verstanden. Nur wenn die EZB die Zinsen für Griechenland und die anderen Krisenländern niedrig hält, haben diese und der Euro insgesamt eine Chance gegen die Panik -und Spekulationswellen der Finanzmärkte" schreibt Horn auf seiner Facebook-Pinwand.