SPD nach Schulz „Ab Mittwoch müssen die närrischen Tage auch in der SPD vorbei sein“

Die SPD hat sich sortiert: Olaf Scholz führt die Partei bis Andrea Nahles übernimmt. Ob das die Gemüter beruhigt?

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Der Chef der NRW-SPD Michael Groschek hofft auf ein Ende der Querelen. Quelle: dpa

Berlin Martin Schulz ist als Parteichef zurückgetreten, Olaf Scholz vertritt ihn kommissarisch – bis Andrea Nahles offiziell gewählt wird. So das Drehbuch, auf das sich die SPD am Dienstag verständigt hat. Ziel der Partei ist ein Ende der innerparteilichen Querelen und eine Rückkehr zur Sacharbeit. „Ich bin ganz sicher, dass wir durch die Entscheidungen heute dazu beigetragen haben, dass sich jetzt alle auf die Sache konzentrieren“, sagte der kommissarische SPD-Chef Scholz in der ARD.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil betonte: „Vor dem Mitgliederentscheid über die Koalitionsvereinbarung soll es einzig und allein um die Inhalte und den weiteren Kurs der SPD gehen.“ Der NRW-Landesvorsitzende Michael Groschek sagte der „Rheinischen Post“: „Ab Mittwoch müssen die närrischen Tage auch in der SPD vorbei sein.“

Nach Schulz' Rücktritt hatten Vorstand und Präsidium der SPD die Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Andrea Nahles, jeweils einstimmig als neue Bundesvorsitzende nominiert. Sie soll von einem Sonderparteitag am 22. April in Wiesbaden gewählt werden. Nahles hat aber bereits eine Gegenkandidatin: Die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange kündigte am Dienstag überraschend an, ebenfalls anzutreten.

Scholz sieht Nahles durch die Querelen nicht als beschädigt an. „Nein. Sie ist eine starke Fraktionsvorsitzende, und sie wird eine starke Parteivorsitzende sein. So ein deutliches Votum für ihre künftige Aufgabe von Seiten der Parteiführung ist eine Rückenstärkung“, sagte er in der ARD. Zugleich lehnte er eine Wahl der neuen Parteispitze durch alle Mitglieder ab. „Das ist kein Vorschlag, den wir verfolgen, wir haben einen Parteitag einberufen, der über die künftige Vorsitzende entscheiden wird.“ Er fügte hinzu: „Wir wollen in Deutschland wieder stärkste Partei werden.“

Aus der SPD-Basis wurde Kritik an der Vorgehensweise des Parteivorstandes laut. Dass untereinander einfach so wieder Posten verteilt wurden, das macht Teile der Partei plötzlich nicht mehr mit. Viele forderten eine Urwahl mit demokratischer Abstimmung auf dem Sonderparteitag Ende April. Dem steht die stellvertretende SPD-Chefin Manuela Schwesig skeptisch gegenüber. Die SPD könne sich ganz aktuell keine lange Hängepartie um die Führungsfrage leisten, warnte sie am Mittwoch im Deutschlandfunk. „Wir werden Andrea Nahles als Vorsitzende bekommen“, sagte sie voraus.

Die Zusammenarbeit der bisherigen Fraktionschefin mit dem neuen kommissarischen Parteichef Olaf Scholz werde funktionieren. „Die beiden verstehen sich gut“, sagte sie. Für die Zukunft komme es darauf an, dass die neue Parteivorsitzende „eine klare Führung“ gebe, aber unterstützt von einem guten Führungsteam. Den Vorwurf, die Besetzung des Parteivorsitzes sei im Hinterzimmer ausgekungelt worden, wies Schwesig zurück. Nahles sei einstimmig im legitimierten Parteivorstand nominiert worden.

Vordringlich ist nach Einschätzung von Schwesig jetzt erst einmal, dass die SPD das Mitgliedervotum über den ausgehandelten Koalitionsvertrag mit der Union besteht. „Wenn dieses Mitgliedervotum scheitert, dann wird die SPD von den Bürgerinnen und Bürgern abgestraft“, warnte sie. Schwesig räumte ein, dass es in der SPD zuletzt „keinen guten Umgang miteinander“ gab. Wenn der zurückgetretene Parteichef Martin Schulz von Verletzungen gesprochen habe, dann sei das nachvollziehbar.

Nahles' Gegenkandidatin Lange versicherte in der „Rhein-Neckar-Zeitung“ trotzdem, dass ihre Bewerbung ernst gemeint sei. Sie hätte ihren Hut nicht in den Ring geworfen, wenn sie das Amt nicht wirklich anstreben würde. Mit Blick auf Nahles sagte sie: „Ich glaube nicht, dass sie als Fraktions- und Parteivorsitzende in einem die Erneuerung vorantreiben kann, die die SPD so dringend braucht. Diese beiden Positionen zu trennen, hätte den Vorteil, dass wir zwei Führungspersönlichkeiten haben.“

Während Scholz erklärte, mit Nahles als neuer Vorsitzender werde es „mächtig vorangehen“, sieht die Linkspartei diese als denkbar ungeeignet für einen SPD-Neuanfang an. Die SPD müsse die grundlegende Ausrichtung ihrer Politik korrigieren, sagte die Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Sahra Wagenknecht, der „Rheinischen Post“. „Und sie braucht Köpfe, die einen solchen Neuanfang glaubwürdig verkörpern. Andrea Nahles, die an allen falschen Weichenstellungen der letzten Jahre in herausgehobener Position beteiligt war, wäre dafür denkbar ungeeignet.“

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