SPD-Parteivorsitz soll an Nahles gehen Der überfällige Abgang des Martin Schulz

Martin Schulz gibt offiziell den SPD-Parteivorsitz ab, Andrea Nahles übernimmt das Amt kommissarisch. Im Willy-Brandt-Haus ist Erleichterung zu spüren.

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Die SPD-Fraktionschefin soll auch den Parteivorsitz übernehmen. Quelle: Reuters

Berlin Am Ende lässt Martin Schulz die Journalisten warten. Erst um 18.35 Uhr, eine gute halbe Stunde nach dem offiziellen Beginn der Pressekonferenz, tritt der SPD-Chef im Atrium des Willy-Brandt-Hauses gemeinsam mit Fraktionschefin Andrea Nahles vor die Journalisten. Es dauert weitere zehn Minuten, ehe alles gesagt ist: Martin Schulz tritt vom Parteivorsitz zurück, er übergibt das Amt an Nahles. Nahles übt das Amt zunächst kommissarisch aus, bis ein Parteitag sie auch offiziell als Parteichefin bestätigt.

Ehe Schulz auf diesen entscheidenden Punkt kommt, verkündet er noch stolz, der SPD-Parteivorstand habe soeben „mit großer Mehrheit“ dem Koalitionsvertrag zugestimmt. Der Vertrag sei eine „gute Grundlage“ für die Regierungsarbeit, er werde das Leben vieler Menschen in Deutschland verbessern: Arbeit, Wohnen, Bildung, Rente, Pflege – für die meisten Bürgerinnen und Bürger halte der Vertrag Fortschritte bereit.

Kurz zuvor, während des Wartens auf Schulz, können die Journalisten beobachten, wie die Mitglieder des SPD-Parteivorstandes über das verglaste Treppenhaus aus dem Sitzungsaal im obersten Stock des Willy-Brandt-Hauses nach unten kommen: Brigitte Zypries, Carsten Schneider, Heiko Maas sind zu sehen. Unten gibt Malu Dreyer schon Interviews. Aus einigen Gesichtern kann man Erleichterung ablesen: Endlich ist es beschlossen, Schulz räumt den Platz an der Spitze der Partei.

In den vergangenen Tagen war der Druck auf Schulz mächtig gewachsen. Nach verkorkstem Wahlkampf und großen strategischen Fehlern hatten die Genossen dem Parteichef zwar auf den Parteitagen im Dezember und selbst noch im Januar den Rücken gestärkt. Doch viele taten das nicht mehr aus Überzeugung, manche nur noch aus Mitleid.

Schulz trägt in der Pressekonferenz ein Argument vor, dass den Rücktritt zum selbstlosen Dienst an der Partei machen soll: Er sei nach reiflicher Überlegung zu dem Ergebnis gekommen, dass es für die Partei besser sei, wenn jemand, der nicht Mitglied der Regierung sei, den dringend erforderlichen Erneuerungsprozess steuere.

Das heißt im Umkehrschluss genau das, was Schulz dann kurz darauf ausspricht: Ja, er wolle Außenminister werden. Er erhebe keinen Anspruch auf den Posten des Vizekanzlers, sagt Schulz. Der Posten erfordere eine starke Präsenz in Berlin, während es Aufgabe des Außenministers sei, „außen zu sein“. Er nehme sich ein Beispiel am früheren Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier, der ohne das Vizekanzler-Amt erfolgreich gewesen sei, sagt Schulz.

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