SPD-Streit Soll Martin Schulz ein Minister werden?

In der SPD ist eine Diskussion über die politische Zukunft von Parteichef Martin Schulz entbrannt. Die Genossen sind sich uneins, ob ihr Chef in der angestrebten Großen Koalition ein Ministeramt anstreben sollte.

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SPD: Genossen streiten über Martin Schulz Zukunft Quelle: dpa

Berlin Die Koalitionsverhandlungen sind noch nicht gestartet, da ist die Personaldebatte um künftige Ministerposten schon in vollem Gange. Die SPD stellt sich die Frage: Was wird aus Parteichef Martin Schulz, sollte die Große Koalition zustande kommen? In der Partei werden Stimmen laut, die ihrem Vorsitzenden empfehlen, auf ein Ministeramt zu verzichten.

SPD-Vizechef Ralf Stegner ist dagegen bemüht, eine Debatte über die politische Zukunft von Parteichef Schulz einzudämmen. „Ich halte von öffentlichen Vorschlägen für den Parteivorsitzenden überhaupt nichts“, sagte Stegner im Sender n-tv. Er reagierte damit als erster Spitzengenosse auf die Forderung des thüringischen SPD-Politikers Wolfgang Tiefensee, dass Schulz seinen Verzicht auf ein Ministeramt in der geplanten Großen Koalition erklären solle.

Schulz hatte unmittelbar nach der Bundestagswahl gesagt, er werde nicht in ein Kabinett unter Kanzlerin Angela Merkel eintreten. „Eine 180-Grad-Wende in dieser Frage würde die Glaubwürdigkeit von Martin Schulz erschüttern“, sagte Tiefensee der Zeitung „Die Welt“.

In der SPD gehen viele davon aus, dass Schulz in einer neuen Großen Koalition Außenminister werden möchte. Der SPD-Chef hat sich dazu öffentlich nicht geäußert. „Wir reden jetzt über die Inhalte, das ist der Kern“, sagte Stegner mit Blick auf die bevorstehenden Koalitionsverhandlungen mit der Union. „Am Ende finden sich auch die Personen dazu. Aber wenn wir jetzt den Eindruck erwecken, es geht nur um Posten, ist das genau die Karikatur von Politik, die die Rechtspopulisten betreiben.“

Bisher hatte es nur hinter vorgehaltener Hand Vorstöße gegeben, Schulz zu einer Verzichtserklärung auf einen Ministerposten zu bewegen. In der nordrhein-westfälischen Landesgruppe der SPD-Bundestagsabgeordneten war dieser Vorschlag vorige Woche von einzelnen Mitgliedern vorgebracht worden. Damit wurde die Erwartung verbunden, dass der Parteitag der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen eher zustimme, wenn Schulz sich als Parteichef auf den Neuaufbruch der SPD konzentriere. In der etwa dreistündigen Vorstandssitzung am Samstag vor dem Parteitag war dies laut Teilnehmern aber kein Thema.


Warnung vom Juso-Chef

Unterdessen meldete der Wirtschaftsrat der CDU starke Zweifel an, dass „eine Regierung mit einem so labilen Partner wie der SPD über eine Legislaturperiode haltbar ist“. Eine Minderheitsregierung sei „eine klarere und bessere Alternative“ für die Union, sagt Präsident Hermann Bahlsen der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Er sei skeptisch, ob „die Union die SPD-Spitze überhaupt noch beim Wort nehmen kann“. Für den Wirtschaftsrat sei klar, dass es keinen Verhandlungsspielraum mit der SPD mehr gebe.

Die Koalitionsverhandlungen können dessen ungeachtet voraussichtlich am Freitag formell beginnen. Die SPD will sich darauf am Donnerstag in einer Klausur des erweiterten Präsidiums vorbereiten, heißt es in Parteikreisen. Daran nähmen auch die Ministerpräsidenten und Bundesminister der SPD sowie die Mitglieder der Sondierungsdelegation teil. Nach Abschluss der Verhandlungen entscheiden die SPD-Mitglieder über den Koalitionsvertrag ab.

Der Bundesvorsitzende der Jusos, Kevin Kühnert, warnt die SPD-Spitze um Parteichef Schulz davor, den anstehenden Mitgliederentscheid zu unterschätzen. Die knappe Zustimmung des SPD-Parteitags zu Koalitionsverhandlungen mit der Union sei „nur die Chiffre einer viel grundsätzlicheren Diskussion, der sich die Partei stellen muss“, schreibt Kühnert in einem Beitrag für das Handelsblatt. Dass „die Logik der vermeintlichen Alternativlosigkeit“ begonnen habe, sichtlich an ihre Grenzen zu stoßen, hätten an der Parteispitze allerdings „viele noch nicht verstanden“.

Kühnert warnte die Parteioberen davor, die „emotionale Komponente der Debatte „nicht zu unterschätzen. „Zwar diskutierte der Parteitag gründlich und auf hohem Niveau, doch vielfach redeten die beiden Lager aneinander vorbei“, konstatierte er. „Während Martin Schulz an die Verantwortung appelliert, verweisen andere auf die Gefahr immer schwammiger werdender Unterschiede zur Union.“ Der kommende Mitgliederentscheid werde daher für die SPD-Spitze „eine enorme Herausforderung, wenn sie diesem Widerspruch nicht endlich gesteigerte Aufmerksamkeit schenkt“.

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