SPD und Union vor Gesprächen „Entweder macht man es richtig oder gar nicht.“

Wieder eine GroKo oder doch das neue „KoKo“-Modell? Die SPD-Spitze will sich vor den Gesprächen mit der Union alle Optionen offenhalten. In der Union kommt die Idee einer partiellen Kooperationskoalition schlecht an.

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Berlin Nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen startet Kanzlerin Angela Merkel einen neuen Versuch, doch noch eine stabile Regierung zu bilden. Rund 80 Tage nach der Bundestagswahl trifft sich die CDU-Vorsitzende am Mittwochabend mit den Chefs von CSU und SPD, Horst Seehofer und Martin Schulz, sowie mit den Fraktionschefs der drei Parteien. Gemeinsam wollen sie die Chancen für eine weitere schwarz-rote Koalition auszuloten.

Völlig offen ist noch, wie ein solches Bündnis aussehen könnte. In der SPD gibt es erhebliche Vorbehalte gegen eine neue große Koalition nach klassischem Muster. Das von der Parteichef Schulz ins Gespräch gebrachte Modell einer Kooperations-Koalition, kurz KoKo, stößt dagegen in der Union auf Ablehnung.

SPD-Vize Ralf Stegner mahnt vor dem ersten Gespräch seiner Partei mit der Union an, ergebnisoffen zu verhandeln, auch über eine partielle Kooperationskoalition. Unionspolitiker haben ein solches Modell allerdings bereits abgelehnt. Man müsse „darüber doch einmal vernünftig reden, ob das ein Modell sein kann“, sagte Stegner im Deutschlandfunk. Auf dem Wahlzettel stünden nicht Koalitionen, sondern Parteien. „Die Bürgerinnen und Bürger wählen Parteien und Inhalte, und wir müssen sehen, wie demokratische Parteien zusammenkommen können.“ Stegner fügte an: „Ob es am Ende eine Kooperation ist, oder ob es eine Koalition werden kann oder muss, werden wir sehen am Ende der Gespräche.“

Die Idee einer solchen Teilkoalition ist es, nur bestimmte Kernpunkte im Koalitionsvertrag zu verankern, andere aber bewusst offenzulassen, damit diese im Bundestag ausverhandelt werden können. Die SPD sei jedenfalls bereit, offen und konstruktiv in die Gespräche zu gehen. Ein „Weiter so“ könne es aber nicht geben.

Der Wirtschaftsflügel der Union macht kurz vor Beginn einer ersten Gesprächsrunde von CDU, CSU und SPD seine Präferenz für eine Wiederauflage der Großen Koalition deutlich. „Man muss es ernsthaft versuchen, aber bitte ernsthaft“, sagte der Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der Union, Carsten Linnemann, im ARD-Morgenmagazin. Das sollte man nun „mit voller Wucht“ angehen.


„Das wichtigste für die Wirtschaft ist erst mal Stabilität, Planbarkeit“

Linnemann warnte aber davor, sich in Details zu verlieren. „Das wichtigste für die Wirtschaft ist erst mal Stabilität, Planbarkeit.“ Die Wirtschaft brauche stabile Verhältnisse in den nächsten Jahren, mit denen sie kalkulieren könne. Wenn es darum gehe, soziale Probleme zu lösen, dann gelte es, dies zielgerichtet zu tun und nicht Gelder nach dem Gießkannen-Prinzip zu verteilen.

Kanzlerin Angela Merkel lehnt auch deshalb eine Minderheitsregierung ab, weil sie diese für zu unstabil hält. Die Union müsste sich dann für ihre Projekte im Bundestag jeweils eine Mehrheit suchen. Scheitern alle Bemühungen um eine Regierungsbildung, blieben nur noch Neuwahlen als Ausweg. Sie setzt auf die Große Koalition.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion Carsten Schneider nährt vorsichtige Hoffnungen auf eine Verständigung von SPD, CDU und CSU über eine Regierungsbildung. „Entscheidend für die SPD ist, dass das Soziale größer geschrieben wird in Deutschland“, sagte er im ARD-Morgenmagazin. Wenn das gewährleistet sei, „wird es sicherlich auch mit der SPD gehen“. Die Sozialdemokraten seien sich ihrer Verantwortung bewusst. Letztlich gelte aber, dass die SPD ergebnisoffen in die bevorstehenden Gespräche mit der Union gehe. Alles hänge davon ab, was die CDU/CSU an Veränderungen im Lande wolle. „Wir sind da relativ klar: Es soll für die Helden des Alltags gerechter werden.“ Es müsse um mehr Kita-Plätze und auch um ein Ende der „Zwei-Klassen-Medizin“ gehen.

In der CSU stößt das KoKo-Modell der SPD-Linken auf Ablehnung. „Eine KoKo ist ein No-Go“, sagte Dobrindt der Nachrichtenagentur Reuters. „Entweder ganz oder gar nicht. Ein bisschen regieren, ein bisschen opponieren, das ist kein Zukunftsmodell für eine der stärksten Volkswirtschaften der Welt“, fügte der CSU-Politiker hinzu. Ähnlich sieht es die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner. Sie sagte der „Rhein-Neckar-Zeitung“, „nur ein bisschen schwanger“ gebe es nicht. „Entweder macht man es richtig oder gar nicht.“

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