SPD-Wahlprogramm Einigkeit, Einigkeit, Einigkeit

Entlastungen für Einkommensschwache, mehr Polizisten, schnelles Internet auf dem Land: Nach Verwirrung um den Termin, stellt die SPD ihre Wahlkampf-Eckpunkte vor. Die wichtigste Botschaft steht aber nicht im Programm.

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Die Generalsekretärin der Bundes-SPD, Katarina Barley. Quelle: dpa

Zumindest der Auftritt von Katarina Barley verläuft an diesem hektischen Montag nach Plan. Um kurz nach eins steigt die SPD-Generalsekretärin im Foyer des Willy-Brandt-Hauses auf die Bühne. Barley muss nun eine Botschaft verkünden, sie soll klar machen, dass die SPD bei der Erarbeitung ihres Wahlprogrammes wie eine gut geölte Maschine funktioniert.

Ob das so ist, war für kurze Zeit nicht ganz klar. Der Tag begann mit einer Meldung, die bei den Genossen für Unruhe sorgte. Die SPD habe die Vorstellung des Wahlprogrammes an diesem Montag verschoben, schrieben große Nachrichtenseiten. Grund dafür seien die vielen Änderungsanträge, die noch eingearbeitet werden müssten.

Viele Änderungsanträge: Nach den Wahlniederlagen im Saarland, in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen war so eine Nachricht ein fatales Signal. Sie klang nach Streitereien und Uneinigkeit. Nicht nach Kräftesammeln und Mut. Kurz nach Veröffentlichung der Meldung folgte die Korrektur aus dem Willy-Brand-Haus. Alles finde nun wie geplant statt.

Also steht Katarina Barley nun auf der Bühne und klärt auf. Alles ein Missverständnis, sagt sie. Nie sei es geplant gewesen, die Vorstellung der Wahlprogramm-Eckpunkte zu verschieben. Lediglich ein Pressegespräch am Nachmittag habe man aus terminlichen Gründen abgesagt. Aber auch das finde nun statt – trotz der Evakuierung des Willy-Brandt-Hauses am Montagmorgen aufgrund eines verdächtigen Gegenstandes in der Poststelle.

Dann setzt Barley zur Beweisführung für die Funktionsfähigkeit ihrer SPD an. Der verabschiedete Antrag für die Eckpunkte des Wahlprogramms enthalte jetzt schon mehr Inhalte als das, was von der Union käme, sagt sie. Dabei habe man die großen Bereiche Steuern und Rente noch gar nicht drinnen. Die sollen in den nächsten Wochen folgen. Zuerst die Rente – und als „letzter Mosaikstein“ ein umfassendes Steuerkonzept.

Schon jetzt verspricht Barley mehr Geld für Menschen mit mittlerem oder geringem Einkommen. Die Entlastungen könnten über Steuern laufen – aber auch über kostenlose Kitas und den Wegfall der Studiengebühren. Außerdem will die SPD die Grenze für den Spitzensteuersatz ändern. Der setze zu früh ein. „Da wird es sicherlich auch eine Korrektur geben“, sagt Barley.

In den Eckpunkten für das Wahlprogramm gehe es vor allem um den Oberbegriff Gerechtigkeit, erklärt Barley. Der betreffe viele Politikfelder in Deutschland – aber auch Europa. Deutschland könne es auf lange Frist nicht gut gehen, wenn es den anderen Ländern nicht gut gehe.

In Deutschland will die SPD in der Bildungspolitik das Kooperationsverbot abschaffen. Es verbietet dem Bund, den Ländern in der Bildungspolitik finanziell auszuhelfen. Der Bund müsse aber rechtlich in der Lage sein, die Länder zu unterstützen, sagt Barley. „Außerdem wollen wir die komplette Gebührenfreiheit – von der Kita bis zur Hochschule.“

Familien verspricht die SPD in ihren Eckpunkten mehr Zeit, mehr Geld und eine bessere Infrastruktur. Die meisten Familien profitierten deutlich mehr von kostenlosen Kitas als von Steuererleichterungen, sagt Barley. Daher wolle man genau an diesem Punkt ansetzen.

Der letzte Bereich, in dem die SPD für Gerechtigkeit sorgen will, ist der ländliche Raum. Während es in den Städten um bezahlbare Mieten für jeden gehe, sei am Land die Grundversorgung wichtig. „Dazu gehört aber auch, dass man schnelles Internet bekommt.“ Bis 2025 sollen daher 90 Prozent aller Haushalte mit Glasfaserleitungen versorgt werden.



Als Barley ihren Vortrag nach ein paar Minuten beendet, will ein Journalist wissen, warum es überhaupt so viele Änderungsanträge gegeben habe, der Programmentwurf sei schließlich lange in Planung. Es ist die Frage nach der Einigkeit der Partei. „Da waren sehr viele redaktionelle Wünsche dabei“, sagt Barley. „Das waren eher Ergänzungen und keine Hunderten Revolutionen.“

Ein paar kleine Revolten aber waren wohl doch dabei. Bei der Forderung nach einem CO2-Mindestpreis im Emissionshandel sei "ein Kompromiss gefunden" worden, sagte Sachsens SPD-Chef Martin Dulig. Gegen die Mindestpreis-Forderung hatten sich - wie Dulig - vor allem SPD-Politiker aus Kohleländern gewehrt.

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