Spielbanken Wie der Staat Millionen im Casino verzockt

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Vier neue Kasinos

Gerade in Bayern könnten sich die Probleme in den kommenden Jahren noch deutlich verschärfen. Um alle Regierungsbezirke gleichmäßig mit Spielbanken zu versorgen, baute die Landesregierung vor knapp 15 Jahren, auf dem Höhepunkt der Spielbankenumsätze, vier neue Kasinos.

Da in Bayern die – bundesweit Anfang der Achtzigerjahre abgeschaffte – Regel fortgilt, dass Spielbanken nur in anerkannten Kurorten untergebracht sind, gibt es heute in Orten wie Bad Füssing oder Lindau ein Kasino, nicht aber in Nürnberg oder München. Von den vier jüngst gegründeten Spielbanken des Landes war zuletzt keine einzige profitabel, Bad Steben und Bad Kötzting haben in ihrer Geschichte noch nie schwarze Zahlen geschrieben. Selbst am Premiumstandort Bad Wiessee am Tegernsee streiten sich die am Kasino beteiligten Kommunen derzeit, wer die Kosten für den Umbau vor ein paar Jahren tragen soll.

Die deutsche Kasino-Realität ist ein komischer Zwitter. Die Regulierung stammt noch aus einer Zeit, als Glücksspiel de facto nur in Spielbanken möglich war und sein sollte. Hier verdienen die Länder mit oft drastisch hohen Spielbankabgaben mit, während Spielhallen nur Vergnügungsteuer bezahlen müssen.

Es gäbe zwei Auswege aus diesem Dilemma: Liberalisierung oder strikte Regulierung. Ersteres hieße, dass der Staat sich ganz aus dem Glücksspiel zurückzöge und nur noch durch Steuereinnahmen partizipieren würde. Die andere Lösung wären so scharfe Gesetze, dass sich das Spiel zurück in die Spielbanken verlagern müsste.

Mit besserem Spielerschutz ließe sich das begründen. So sieht es beispielsweise Ingo Fiedler: „Ich bin ein Freund der Schweizer Lösung“, sagt der Glücksspielforscher von der Universität Hamburg. „Da ist das Glücksspiel per Gesetz auf die Spielbanken beschränkt.“

Diese marktferne Lösung hat nicht nur den Vorteil, dass die Gewinne der gesamten Gesellschaft zugutekommen, sie diene vor allem der Suchtprävention. „Auch in den Spielbanken liegt einiges im Argen“, sagt Fiedler. „Spielerschutz wird hier aber wenigstens versucht – anders als in den meisten Spielhallen.“ Jüngst hat eine Studie der Universität Bremen gezeigt, dass viele Spielhallen sogar aktiv um süchtige Spieler werben.

Das sind die besten Kasinohotels der Welt
Casino Baden-BadenAuch in Deutschland gibt es luxuriöse Häuser, in denen Roulette-Fans und andere Spielwütige ihr Geld verzocken können. Neben dem Casino in Wiesbaden gehört das Hotel Dorint Maison Messmer in Baden-Baden zu den schönsten Casino-Hotels der Welt. Das Casino Baden-Baden selbst ist wenige Schritte vom Hotel entfernt und konzentriert sich auf klassisches Glücksspiel wie Poker und Roulette. Selbstverständlich gibt es in den goldverzierten Prunksälen auch Spielautomaten. Für eine Nacht im Hotel zahlen Besucher ab 225 Euro pro Doppelzimmer und Nacht. Quelle: dpa
Casino Iberostar Deutlich günstiger, dafür sonniger ist die Übernachtung im Hotel Iberostar Dominicana an der Punta Cana. Die Nacht im Fünf-Sterne-Haus in der Dominikanischen Republik kostet ab 94 Euro aufwärts. Das Casino im Hotel gehört mit zu den schönsten Spielhöllen unter Palmen. Quelle: Screenshot
Casino Loutraki (Griechenland)Das griechische Club Hotel Casino Loutraki Conference Centre ist ein modernes Luxushotel im griechischen Loutraki. Der Ort lockt Touristen mit seinen Mineralquellen, das Hotel bietet Gästen Kunst und Luxus sowie ein schickes Kasino mit mehr als 1000 Automaten und 80 Spieltischen. Eine Nacht im fünf-Sterne-Hotel kostet ab 161 Euro pro Doppelzimmer. Quelle: Screenshot
Casino de IbizaAuch auf der spanischen Ferieninsel Ibiza wird gezockt: Im Ibiza Gran Hotel verbirgt sich das 2500 Quadratmeter große Casino de Ibiza, das seinen Besuchern regelmäßige Pokertourniere sowie Roulette und Spielautomaten bietet. Eine Nacht im dazugehörigen Luxushotel gibt es ab 191 Euro pro Doppelzimmer. Quelle: Screenshot
Grand Casino LuzernFür gut 50 Euro mehr können Spieler eine Nacht im Doppelzimmer im Hotel Palace Luzern am Vierwaldstättersee verbringen. Ab 242 Euro aufwärts gibt es eine Übernachtung inklusive Frühstück im Doppelzimmer im Schweizer Luxushotel. Neben einem riesigen Spa-Bereich bietet das Hotel seinen Gästen auch einen Besuch im Grand Casino Luzern. Das Kasdino verfügt über Poker- und Black Jack-Tische sowie gut 260 Spielautomaten. Quelle: Screenshot
Ritz Carlton-Casino Für 198 Euro pro Nacht und Doppelzimmer können sich Gäste im Puerto-ricanischen Hotel The Ritz- Carlton, San Juan einbuchen. Die Ferienanlage bietet neben mehr als 400 Zimmern und fünf Restaurants seinen Besuchern eine riesige Pool-Landschaft sowie das hauseigene Kasino mit 380 Spielautomaten sowie Poker und Black Jack-Tischen. Quelle: Screenshot
Casino da MadeiraDas portugiesische Casino da Madeira befindet sich am fünf-Sterne-Hotel Pestana Casino Park oberhalb der Bucht von Funchal. Das Kasino bietet 200 Spielautomaten sowie Roulette- und Black Jack-Tische und eine Bar mit Live-Musik. Die Nacht im Doppelzimmer des Hotels kostet mindestens 89 Euro. Quelle: Screenshot

Doch die Bundesländer haben wenig Sinn für die eine oder andere klare Lösung. Stattdessen investieren viele in einen perspektivisch ruinösen Markt. „Wir können uns doch nicht hinsetzen und zuschauen, wie all diese Traditionsbetriebe langsam den Bach runtergehen“, sagt Matthias Hein.

Er ist Geschäftsführer der landeseigenen Spielbanken Schleswig-Holstein. Um den Betrieb zu retten, hat er ein Konzept entworfen: „Clubsino“ – wie es eben klingt, wenn Bürokraten Visionen haben. Eine Mischung aus Kasino und Lounge soll es sein, zehn Millionen Euro hat der Umbau in Lübeck gekostet.

Doch statt zu steigen, sind die Besucherzahlen im laufenden Jahr erneut gesunken. Die Gesellschafter ficht das nicht an, gerade wird das Konzept flächendeckend umgesetzt, weitere Millionenausgaben stehen an. Anderswo suchen die Spielbanken ganz offen den Wettbewerb zu kommerziellen Spielhallen.

So hat Sachsen das Angebot in seinen drei Spielbanken in Dresden, Leipzig und Chemnitz auf Automatenspiele begrenzt. Seitdem liefern sie zuverlässig Erträge, doch der staatliche Auftrag wird so ad absurdum geführt: „Die Quote der Abhängigen ist unter Automatenspielern deutlich höher“, sagt Glücksspielforscher Fiedler.

Auch wirtschaftlich könnte die Strategie sich bald erschöpft haben. Gerade hat der Automatenbetreiber Gauselmann („Merkur Spielothek“) eine Kasinolizenz in Sachsen-Anhalt erworben. Die private Spielbank entsteht in Günthersdorf, direkt am Autobahnring Leipzig.

Auch in Sachsen droht damit ein Warhol-Szenario. Und es dürfte noch viele Warhols dauern, bis in den Spielbanken die eigentliche Botschaft ankommt: In ihrer aktuellen Form sind sie weder konkurrenzfähig – noch nützlich.

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