Spitzenduo Özdemir und Göring-Eckardt Grüne Basis wählt bürgerlichen Kurs

Die Basis hat gewählt: Die Grünen ziehen mit Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir an der Spitze in den Bundestagswahlkampf. Die Entscheidung ist auch ein Wink in Richtung Schwarz-Grün.

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Berlin Die grünen Parteimitglieder haben sich in der Urwahl ihres Spitzenduos für einen bürgerlichen Kurs der Mitte entschieden: Cem Özdemir führt die Grünen an der Seite von Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt als zweiter Spitzenkandidat in den Bundestagswahlkampf.

In dem Mitgliederentscheid hat sich der Parteichef mit 35,9 Prozent der Stimmen hauchdünn gegen den schleswig-holsteinischen Umweltminister Robert Habeck (35,7 Prozent) und Fraktionschef Anton Hofreiter (26,2 Prozent) durchgesetzt. Göring-Eckardt, die 70,6 Prozent der Stimmen erhielt, hatte den Platz in der Doppelspitze bereits sicher, da nach den Grünen-Statuten mindestens eine Frau unter den Kandidaten sein muss.

„Das ist das richtige Duo für diese Zeit“, sagte der Geschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, bei der Präsentation des Wahlergebnisses. Beide seien durch Umbrüche geprägt, Göring-Eckardt als Ostdeutsche, Özdemir als Kind türkischer Einwanderer. Die beiden Spitzenkandidaten sollten erst am frühen Nachmittag in Berlin vor die Kamera treten. Habeck wolle das knappe Ergebnis nicht anfechten, sagte Kellner.

Obwohl alle Grünen betonen, dass sie selbstständig in die Wahl gehen wollen, dürfte die Entscheidung als Wink in Richtung schwarz-grüner Koalition gewertet werden. Denn mit Özdemir, der letztlich nur 75 Stimmen vor Habeck liegt, und Göring-Eckardt stehen nun zwei Vertreter des Realo-Lagers an der Spitze. Hofreiter war als Favorit des linken Flügels ins Rennen gegangen.

59 Prozent von rund 61.000 Mitgliedern haben bei der Urwahl mitgemacht. „Knapp 60 Prozent ist ein sehr hoher Prozentsatz für innerparteiliche Beteiligung“, sagte Parteienforscher Oskar Niedermayer von der Freien Universität Berlin. Damit habe das Verfahren nach innen eine mobilisierende Wirkung. Nach außen sei sie durch andere Themen überlagert worden, etwa die Sicherheitsdebatte.

Dass zwei Realos die Grünen anführen, ist zumindest ungewöhnlich. „Der linke Flügel kann dann natürlich nicht das Ergebnis der Urwahl in Frage stellen, aber er muss dann inhaltlich Pflöcke einschlagen, um sichtbar zu bleiben“, sagte Niedermayer Dies könne im Wahlkampf zum Problem werden, denn wenigstens in der Endphase sollten Parteien geschlossen wirken. „Die Bevölkerung mag es nicht, wenn sie nicht weiß, wen sie eigentlich wählt.“

Im vergangenen Wahlkampf hatten Göring-Eckardt und der Parteilinke Jürgen Trittin die Grünen angeführt. Damals hatte die Partei sich für eine rot-grüne Koalition ausgesprochen und im September 2013 mit einem linken Kurs enttäuschende 8,4 Prozent geholt. Die Grünen zogen sich damals ein Image als Partei der Steuererhöhungen und Bevormundung zu. Viele schrieben das vor allem dem Kurs Trittins zu.

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