Städtetest 2010 Warum Erlangen Deutschlands lebenswerteste Stadt ist

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Da ist durchaus etwas dran. Im Windschatten von Siemens hat sich Erlangen zu einem Zentrum der Medizintechnik entwickelt. Mehr als 100 mittelständische Unternehmen tummeln sich in diesem Wachstumssektor, von den 96.000 Arbeitsplätzen in der Stadt ist nahezu jeder vierte im Bereich Medizin und Gesundheit angesiedelt. Das Universitätsklinikum nahm im September 2009 den schnellsten Computertomografen der Welt in Betrieb, in der Gehirnchirurgie zählt Erlangen mit zur Weltspitze.

Und die Dynamik im Med-Tech-Bereich ist ungebrochen: Das eng mit der Universität kooperierende Gründerzentrum für Medizintechnik- und Pharmaunternehmen (IZMP) "ist komplett ausgebucht", berichtet Jörg Trinkwalter, Mitglied der Geschäftsleitung. Gleich mehrere Startups stehen auf der Warteliste.

Region wird zum Medical Valley

Wichtig auch: Beim mit 40 Millionen Euro dotierten Spitzencluster-Wettbewerb des Bundesforschungsministeriums setzte sich Erlangen zusammen mit Nürnberg und anderen Städten der Region mit dem Projekt Medical Valley durch. Ein Netzwerk von Unternehmen und Forschungseinrichtungen will nun neue Technologien, etwa im Bereich der ´"bildgebenden Diagnostik", vorantreiben – und langfristig eine "Modellregion für optimale Gesundheitsversorgung" schaffen.

Der ökonomische Erfolg hat indes auch seine Kehrseiten: Das breite Jobangebot in Erlangen erzeugt einen massiven Pendlerstrom aus dem Umland, der Straßen und Personennahverkehr überfordert. Vor allem auf der Ost-West-Verbindung geht es zur Stoßzeit oft nur im Schneckentempo voran. Auch die Wohnungsmieten sind für eine Stadt, die immerhin 27.000 Studenten zählt, erstaunlich hoch.

Ulm gewinnt die Bronzemedaille

Erlangen ist nicht die einzige deutsche Mittelstadt mit ökonomisch ausgezeichneten Perspektiven. Auch andere kommunale Tiger punkten bei Wachstum und Jobs, bei Wohlstandsentwicklung und Standortqualität. Beispiel Ingolstadt: Der Vizemeister im Ranking kommt im Vergleich zur Weiße-Kittel-Stadt Erlangen eher im Blaumann daher. Geprägt von Audi und Automobil-Zulieferindustrie weist die Stadt an der Donau mit die bundesweit höchste Jobdichte auf; seit 2004 ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um 8,5 Prozent gestiegen.

Beispiel Ulm: Die Stadt holte beim WirtschaftsWoche-Städtetest die Bronzemedaille, vor allem wegen ihrer gesunden Wirtschafts- und Sozialstruktur und einer guten Standortqualität. In und um und um Ulm herum produzieren Unternehmen wie Daimler, EADS, Deutz und Merckle; Industriekonzerne, die täglich Tausende Tonnen Güter auf Lastwagen und Bahnwaggons verladen. Oberbürgermeister Ivo Gönner (SPD) will seine Stadt daher "zum Mobilitätszentrum der Region" entwickeln. Jüngst eröffnete die Stadt mit der Bahn einen neuen Container-Terminal im Norden der Stadt. Die Stadt kauft zudem jedes Jahr für 20 bis 25 Millionen Euro Grundstücke und Immobilien an und stellt sie Investoren günstig zur Verfügung. "Aktive Industriepolitik" nennt Gönner das – eine Strategie, die seiner Ansicht nach wesentlich dazu beigetragen hat,  dass Ulm heute zu den attraktivsten Wirtschaftsräumen der Republik zählt.

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