Städtetest 2010 Warum Erlangen Deutschlands lebenswerteste Stadt ist

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Ivo Gönner, Oberbürgermeister von Ulm

Viele mittelgroße Städte an der Peripherie gewinnen auch deshalb an Attraktivität, weil sie attraktive Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und deren Beschäftigte bieten können, gleichzeitig aber nicht die sozialen Probleme der Großstädte -haben – oder nur in geringerem Ausmaß. Gleichzeitig profitieren viele Umlandkommunen von der ökonomischen und kulturellen Sogwirkung der Ballungszentren; zumindest ein Stück weit ist der wirtschaftliche Erfolg mancherorts ein geografisch bedingter "windfall profit".

Der Städtetest wirft zudem ein Schlaglicht auf die regionale Wirtschaftsstruktur und die gefährliche Schere, die sich zwischen boomenden und darbenden Kommunen auftut. Insgesamt neun der Top-Ten-Städte kommen aus Bayern oder Baden-Württemberg, und selbst die Kandidaten aus strukturschwächeren Gebieten der beiden Südstaaten liegen im Ranking im vorderen Bereich. Auf den Plätzen 51 bis 100 findet sich hingegen keine einzige Stadt aus Bayern oder dem Ländle.

Regionen München und Stuttgart vorne

Kein Wunder, dass im erstmals von WirtschaftsWoche, INSM und IW Consult durchgeführten Sonderranking der "City-Regionen", ein Vergleich der Arbeitsmarkt- und Wohlstandssituation deutscher Großräume, die Regionen München und Stuttgart vorne liegen. Auch auf den folgenden Rängen bleibt mit Frankfurt, Karlsruhe und Nürnberg die Zahl der Vertreter aus Nord, Ost und West ziemlich übersichtlich.

Das alles ist mehr als eine ökonomische Momentaufnahme und wirft ein Schlaglicht auf die Zukunftsperspektiven der Kommunen. "Der Städtetest spiegelt das ökonomische Kräfteverhältnis der Städte im Inland wider, zeigt aber auch, wie es um deren internationale Konkurrenzfähigkeit bestellt ist", sagt IW-Consult-Ökonom Michael Bahrke. Im Zeitalter von Globalisierung, mobilen Unternehmen und Arbeitskräften spiele sich der Wettbewerb nicht mehr nur auf der Ebene der Nationalstaaten ab, sondern verlagere sich immer stärker auf die Städte und Regionen. Bahrke: "Mehr denn je müssen sie um Investoren und Arbeitskräfte werben und ein attraktives wirtschaftliches, soziales und kulturelles Umfeld bieten."

Stralsund: Mieses Niveau, große Dynamik

Dabei können selbst Städte punkten, die von ganz unten kommen. Extremstes Beispiel ist Stralsund. Dessen Wirtschaftsdaten sind absolut gesehen immer noch miserabel – Rang 100 im Niveau-Ranking. Doch langsam, aber sicher geht es auch an der Ostsee nach oben: Im Dynamik-Ranking schafft die Stadt Rang 1, vor allem weil sich Arbeitsmarktlage, Wirtschafts-und Sozialstruktur verbessern.

Beim Werben um Investoren sollten gerade schwächere Städte aber auch auf ihre Gebühren und Steuern schauen. Der Spitzenwert bei den Gewerbesteuerhebesätzen etwa liegt bei 490 Prozent, erhoben von vier Städten. Dass München dazu gehört, verwundert nicht, wohl aber die anderen drei Rekord-Kassierer: Bottrop, Duisburg und Oberhausen.

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