Stararchitekt Albert Speer "Architektur wird zweitrangig"

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Wie viel Prozent Ressourceneinsparung kommt denn bei der ökologischen Stadterneuerung heraus?

Unsere Berechnungen zeigen, dass es mindestens mit der Hälfte weniger geht und die Lebensqualität dabei sogar deutlich steigt.

Geht es am Ende nicht doch nur über Verzicht?

Das ließe sich nicht durchsetzen. Der Anspruch an Wohnraum, Qualität und Umfeld wird auf der Welt immer ähnlicher. Auch die Chinesen wollen wie wir Europäer eine Einbauküche, viel Platz und einen Balkon haben. Ich sehe darin auch kein Problem, solange wir die Städte intelligent organisieren und sparsame Systeme nutzen. Die Architektur wird darüber beinahe zweitrangig, sie wird auf der ganzen Welt immer ähnlicher.

Es droht Monotonie statt Vielfalt?

Das ist nicht gemeint. Aber die Charakteristik einer Stadt wird zunehmend durch andere Größen bestimmt: ihren Grundriss, ihre Lage und Topografie, die Gestaltung der Straßenräume und Plätze, die Beziehung zu Landschaften und Wasser und attraktive städtebauliche Formen. Für ein Erweiterungsprojekt der künftigen Drei-Millionen-Stadt „6th of October City“ bei Kairo werden wir einen 40 Meter hohen Hügel zum Mittelpunkt eines Stadtparks mit Spiel- und Sporteinrichtungen, Restaurants und einer Aussichtsplattform machen. Früher hätte man den Hügel abgetragen, weil er im Weg war.

Früher baute man die autogerechte Stadt.

Mit dem Effekt, dass trotz mehrerer Hochstraßen übereinander der Verkehr zum Erliegen kommt.

Wie lautet Ihre Lösung?

Der Grundpfeiler ist ein leistungsfähiges, engmaschiges Nahverkehrsnetz, das sicher und sauber ist und zuverlässig funktioniert. Seit Frankfurt gut ausgebaute S- und U-Bahn-Verbindungen hat, stauen sich die Autos selbst im Berufsverkehr nicht mehr auf den Mainbrücken.

Wo bleibt da die individuelle Mobilität?

Auch der öffentliche Nahverkehr wird sich individualisieren. Kleine Busse mit Elektroantrieb werden die heutigen Busse ablösen. Sie verkehren nur noch nach Bedarf. Wie heute das Taxi bestellen wir künftig den Bus per Telefon, und er holt mich an der Haustür ab.

Der eigene Pkw stirbt aus?

Der behält seine Berechtigung, aber nicht mehr so sehr als Stadtfahrzeug. Da werden sich eher Modelle durchsetzen, wie sie Daimler derzeit in Ulm testet: Die Bürger melden sich an und können die Smarts überall im Stadtgebiet online oder per Handy buchen, ohne Grundgebühren oder Kaution zu zahlen. Das ist die Zukunft.

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