Start der GroKo Das sind die drängendsten Aufgaben der neuen Minister

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Altmaier steckt in einem zeitlichen Dilemma


Altmaier muss jahrelanges Problem binnen Monaten lösen

Der neue Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier (CDU) muss so schnell wie möglich eine Kommission ins Leben rufen, die bis zum Ende des Jahres ein Konzept für den Kohle-Ausstieg entwirft. So sieht es der Koalitionsvertrag vor. Auf dieser Basis soll dann im nächsten Jahr ein Gesetz verabschiedet werden, das das Ende der Kohle-Verstromung verbindlich regelt und Strukturhilfen für besonders betroffene Regionen festschreibt. Die Kommission müsste also in kaum mehr als einem halben Jahr ein Problem lösen, über das seit vielen Jahren gestritten wird. Die Herausforderung ist immens.

Das Bundeswirtschaftsministerium muss sich mit dem Verbraucherschutzministerium auf eine gemeinsame Position bei der E-Privacy-Verordnung zum Datenschutz im Internet einigen. Die Einigung war aufgrund von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Ministerien bisher nicht zustande gekommen, sodass in Brüssel seit Monaten auf eine Positionierung der deutschen Bundesregierung gewartet wird. Die Verordnung beinhaltet erhebliche Einschränkungen beim sogenannten Tracking von Internetnutzern. Unternehmen verfolgen die Besucher ihrer Seiten mithilfe spezieller Methoden wie etwa Cookies, um mehr über sie herauszufinden und ihnen personalisierte Werbung oder ähnliche Angebote zu zeigen. Verbraucherschützer begrüßen die Einschränkung dieser Methoden, Unternehmen fürchten jedoch um eine wichtige Einnahmequelle. Ursprünglich sollte die neue E-Privacy-Verordnung zeitgleich mit der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) bereits im Mai dieses Jahres in Kraft treten, inzwischen hat sich das voraussichtliche Datum jedoch auf das kommende Jahr verschoben.

Rentenbeschlüsse als Heils Herausforderung

Ein Gesetz wird der SPD-Mann Hubertus Heil voraussichtlich schnell durch den Bundestag bringen können: das geplante Rückkehrrecht vom Teilzeit- auf den Vollzeitjob. Hier liegt noch ein Gesetzentwurf von seiner Vorgängerin Andrea Nahles in der Schublade, auf den Heil aufbauen kann. Union und SPD haben sich in ihrem Koalitionsvertrag auf höhere Schwellenwerte für das Gesetz geeinigt, daran war das Vorhaben in der vergangenen Wahlperiode noch gescheitert.

Größere Probleme dürfte dem Sozialminister die Umsetzung der Rentenbeschlüsse aus dem Koalitionsvertrag machen. Allein die Ausweitung der Mütterrente schlägt mit 3,4 Milliarden Euro zu Buche, die Finanzierung ist noch ungeklärt. Auch über die Finanzierung der neuen Grundrente und der Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente dürften noch harte Verhandlungen mit Parteifreund Olaf Scholz im Finanzministerium anstehen. Nicht zu lange warten kann der Sozialminister mit der Einberufung der vereinbarten Rentenkommission. Sie soll in zwei Jahren einen Bericht vorlegen, wie es mit der Alterssicherung nach 2025 weitergehen soll. Von Heil wird zudem erwartet, einen sozialen Arbeitsmarkt zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit einzuführen, befristete Jobs einzuschränken, eine Weiterbildungsoffensive zu starten und den Tarifparteien mehr Spielraum bei der Arbeitszeitgestaltung zu geben.

NetzDG wird auch Barley begleiten

Mit der Übernahme des Justizressorts erbt Katarina Barley (SPD) diverse Gesetzesprojekte ihres Vorgängers Heiko Maas. Etwa die sogenannte Musterfeststellungsklage. In der vergangenen Legislaturperiode noch von der Union blockiert, soll nun spätestens zum 1. November ein Gesetz über neue Klagerechte für Fälle mit vielen Betroffenen wie beim Diesel-Skandal in Kraft treten. So steht es im Koalitionsvertrag. Barley muss bei dem Thema nicht bei null anfangen: Sie kann an den Gesetzentwurf von Maas anknüpfen. Über die wenigen Details, die noch geändert werden müssen, waren sich die künftigen Regierungspartner in den Koalitionsgesprächen schon einig.

In diesem Jahr steht außerdem eine Evaluierung des heftig kritisierten Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) gegen Hassbotschaften in sozialen Medien an. Maas war wegen des Gesetzes von vielen Seiten schwer gescholten worden. Kritiker sehen durch das NetzDG die Meinungsfreiheit bedroht. Auf Barley kommt nun die Aufgabe zu, das Gesetz auf seine Wirksamkeit hin zu überprüfen und gegebenenfalls Konsequenzen zu ziehen. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu, man werde die Berichte, zu denen die Plattformbetreiber verpflichtet sind, sorgfältig auswerten „und zum Anlass nehmen, um das Netzwerkdurchsetzungsgesetz insbesondere im Hinblick auf die freiwillige Selbstregulierung weiterzuentwickeln“. Zudem ist zu erwarten, dass Barley sich als Gegenspielerin von Innen- und Heimatminister Horst Seehofer (CSU) in Szene setzen wird – vor allem mit Blick auf das Asylrecht und die Terrorbekämpfung.

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