Start-ups und die Liberalen FDP zerstört die Hoffnungen von Gründern

Wäre es nach deutschen Gründern gegangen, wäre FDP-Chef Lindner Kanzler geworden. Umso enttäuschter sind sie jetzt davon, dass die FDP nicht in die Regierung will. Auch sonst könnte es für die Liberalen besser laufen.

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Viele Gründer sind enttäuscht über die Absage der FDP bei den Jamaika-Verhandlungen. Quelle: Reuters

Berlin Die deutsche Start-up-Branche ist enttäuscht, dass die FDP sich in Sachen Regierungsbildung selbst aus dem Rennen genommen hat. „Wir haben in Jamaika eine große Chance für die junge Generation und unsere Branche gesehen und bedauern daher, dass es keine Einigung gab“, sagte Florian Nöll, Chef des Bundesverbandes Deutsche Start-ups, dem Handelsblatt.

Die Gründer-Szene gehört zu den treuesten Wählern der Liberalen. Kein Wunder, steht die FDP doch für eine stärkere Fokussierung auf das Digitale, weniger Bürokratie und mehr Wagniskapital für die aufstrebenden Unternehmen. Eine Umfrage des Start-up-Verbandes vor der Bundestagswahl hatte gezeigt, dass 39,4 Prozent der Gründer ihre Stimme der FDP geben wollen, erst auf dem zweiten Platz folgt mit 22 Prozent die CDU/CSU. Wäre es nach den deutschen Gründern gegangen, wäre FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner Kanzler einer schwarz-gelben Regierung geworden.

Doch die Hoffnungen vieler Vertreter der Start-up-Branche auf eine Regierungsbeteiligung der Liberalen haben sich durch die Jamaika-Absage zerschlagen. „Die Gründer sind Hin und Her gerissen. Manche sehen den Schwarzen Peter bei der FDP, haben geschimpft und waren enttäuscht, weil sie die Verhandlungen abgebrochen haben. Andere finden diese Geradlinigkeit und Prinzipientreue aber auch gut. Auch ich stehe irgendwo dazwischen“, beschreibt Nöll die Stimmung.

In der Vergangenheit zeigten sich die Start-up-Vertreter stets entzückt, wenn Lindner bei einer der Szene-Veranstaltungen vorbeischaute. Doch das war, bevor er einer Jamaika-Koalition eine Absage erteilt hat, das konnte man zuletzt bei der Jubiläumsfeier des Start-up-Verbandes beobachten. Nur vier Tage nach der Absage an Jamaika schaute „der Christian“, wie ihn viele in der Szene nennen, bei der Jubiläums-Feier des Deutschen Start-up-Verbandes vorbei und hielt eine Rede. Die Stimmung war laut Teilnehmern wenig euphorisch, Lindner war in der Defensive, versuchte den Austritt zu rechtfertigen.

Wie jüngste Umfragen zeigen, ist die FDP nicht nur in der Gunst der Gründer, sondern auch in den Augen der Wähler zum Teil stark gefallen. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der Mediengruppe RTL Deutschland zeigt: Gäbe es jetzt Neuwahlen für den Bundestag, würden nur noch acht Prozent ihr Kreuzchen bei den Liberalen machen. Jeder fünfte FDP-Wähler vom 24. September würde wieder die Union wählen, die sich damit auf einen Stimmenanteil von 34 Prozent verbessern könnte. „Die Union profitiert von der Enttäuschung eines Teils der mittelständischen Wähler der FDP, die sich von den Liberalen die Vertretung ihrer Interessen in einer Regierung erhofft hatten“, sagte Forsa-Chef Manfred Güllner der Mediengruppe RTL. „Eine FDP in der Opposition aber kann diese Interessenvertretung kaum wahrnehmen, weshalb man jetzt doch wieder CDU oder CSU die Stimme geben würde.“

Start-up-Verband-Chef Nöll hat die Hoffnung trotzdem noch nicht aufgegeben und wünscht sich eine Neuauflage der Jamaika-Verhandlungen. „Wir stehen für eine Kultur der zweiten Chance und würden uns das auch für Jamaika wünschen“, sagt er. Allerdings müsste für ein Gelingen solcher Verhandlungen eine andere Herangehensweise gewählt werden. „Mehr als 50 Alphatiere in einen Raum zu setzen und dann zu erwarten, dass Vertrauen entsteht, ist keine gute Idee.“

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