
Da marschieren sie unter Geschrei und Gebrüll, die Eingeborenen, machen bei Alkohol und Schweineohren tagelang Plätze und Straßen unsicher und behaupten auch noch, sie verteidigten damit die deutsche Kultur. Doch jetzt ist unerschrockenen Kräften gelungen, dem Pöbel nachhaltig Paroli zu bieten: Nachdem eine staatlich alimentierte weltoffene Gemeinschaft die Dresdner zur Räson gebracht hat, ist nun auch den Braunschweigern Ruhe als die erste Bürgerpflicht verordnet: deutsche Kultur hin oder her, der Karneval fällt aus, ein paar Islamisten wollen es so. Tusch und Alaaf.
Ja, wenn das so weiter geht, gehört bald auch ein deutsches Traditionsgut wie die all-jährliche Narretei zu den versunkenen Kulturgütern, und es soll frohsinnslose Lumpen im matschegrauen Norden geben, die das noch nicht einmal bedauern.
Doch in den Hochburgen des Karnevals zeigt man sich widerspenstig und lässt einen Aufschrei durch die Straßenzüge gehen: „Wir lassen uns die Narrenfreiheit nicht nehmen!“ Der diesjährige Favorit ist der Mainzer Guddi Gutenberg, der sich über „diese elenden Gestalten“ der IS noch nicht einmal lustig macht: „Ich glaube nicht, dass Allah sich die Zeit nimmt, sonne Arschlöcher nochmal zusammenzusetzen. Je suis Charlie.“ Und Tusch.
Doch die Sache ist ernst. Angesichts der Absage des Karnevalsumzugs Braunschweig erkennt CDU-Mann Jens Spahn spät, aber immerhin, eine „neue Qualität. Islamistischer Terror beginnt unseren Alltag zu verändern.“ Richtig: Die Spaßbremsen sind mitten unter uns und trotzen im Karneval sogar dem Vermummungsverbot. Deutsche Narren leben gefährlich. Alaafchen.
Doch wann hatten es Narren schon mal leicht? Die Ahnen glaubten sie mit dem Teufel im Bunde, sie wurden als verfolgte Minderheit geköpft, gevierteilt, aufs Rad geflochten oder auf den Scheiterhaufen gestellt. Im besseren Fall musste der Narr eine mit Schellen besetzte Narrenkappe tragen, damit ihn alle schon von weitem erkannten - vergleichbar den Schellen, die Katzen tragen müssen, damit die Mäuse gewarnt sind. Hier kommt die Wahrheit! Ab in die Löcher!





Erst zivilisierteren Kreisen wie einigen klugen Monarchen ist es gelungen, das Ungezähmte zu integrieren: der Hofnarr ist die Inkarnation königlicher Weisheit.
Denn was braucht ein Herrscher, wenn er die frommen Lügen der Höflinge satt hat? Richtig: Einen, der ihm die Meinung geigt, der die Wahrheit sagt, jedenfalls soweit er sie kennt, ohne Rücksicht auf Verluste. Einen, der ihn darauf hinweist, dass auch er nur ein armes Sünderlein ist, alles andere als unfehlbar. Und dass Macht und Ruhm vergänglich sind. Der Narr hält die Mächtigen zu Demut an.
Tsipras und Varoufakis, die Narren Griechenlands
Ein Wurmfortsatz des Hofnarren ins Heute sind die Fastnachtszüge, in denen die Narren gut organisiert und staatlicherseits anerkannt wenigstens einmal im Jahr den Straßenverkehr zum Erliegen bringen dürfen. Müssen die Narren nun kuschen, weil Irgendjemandem ohne Sinn für deutsche Bräuche ein Witz, eine Karikatur, ein Motiv oder die ganze Chose nicht gefällt? Das spräche nicht für die Macht des Souveräns, der in unserem Fall kein benevolenter Monarch mehr ist, sondern das Volk.
Doch nicht nur der Islam, obwohl er doch zu Deutschland gehört, hält von dänischen oder französischen Karikaturen oder Umzügen außerhalb der Karnevalszeit wenig. Auch die heute Mächtigen sind keineswegs dankbar für den Hinweis auf ihre Fehlbarkeit, sondern werden rabiat, wenn Narren und anderer „Pöbel“ ins Politikergewölk pieksen und ehrliche Antworten fordern.
Ein echter Narr findet das natürlich verdächtig. Haben die da oben etwas zu verbergen? Helau?
Tatsächlich scheinen die Goldenen Zeiten der Narretei vorbei zu sein. Heute wird allenthalben übelgenommen, werden Abweichler mit Hinweis auf den „allgemeinen demokratischen Konsens“ stillgestellt, gilt nur eine Wahrheit: dass Kanzlerin Merkel alternativ los ist. Und Tusch.
Weiß man eigentlich, was aus dem vorlauten Knaben geworden ist, der bei der prunkvollen Vorstellung von des Kaisers neuen Kleidern gerufen hat: „Der ist ja nackt?“ Schwert? Henkers Seil? Oder brachte er es, dank nachdrücklich harter Hand der Erziehungsberechtigten, zur Selbstzensur? Dann könnte aus ihm ein erfolgreicher Öffentlichkeitsmensch geworden sein, der weiß, wie man die Botschaft so verpackt, dass niemand sie versteht. Heile heile Gänsje.
Am Aschermittwoch ist alles vorbei und dann wird uns etwas anderes beschäftigen: andere Narren, die eine Wahrheit aussprechen, die niemand hören will.
Deutschland
Gemeint sind die beiden griechischen Obernarren Alexis Tsipras, Ministerpräsident, und Yanis Varoufakis, Finanzminister Griechenlands, die kühn mit angelegter Lanze in die Eiterbeulen Euroeuropas stechen. Wer sonst hätte so elegant den Schleier von Merkels Satz reißen können: „Fällt der Euro, fällt Europa“?
Nach griechischer Lesart heißt das nichts anderes, als dass man Angela Merkel mit der Drohung erpressen kann, den Euro scheitern zu lassen. Der Narr hat die hehren Worte auf ihren schlichten Sinn heruntergebrochen: ein Europa, das sich von Griechenland an der Nase herumführen lässt, ist nicht Tiger, sondern Bettvorleger.
PS: Wussten Sie schon, was „Tifkat“ ist? Weil die Griechen das Wort Troika nicht mehr hören können, heißt sie neuerdings „The institutions formerly known as Troika“. Das kann nur ein Narr empfohlen haben. Ein Tusch!