Stephans Spitzen

Ein Wahrheitsministerium? Unbedingt!

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Propaganda als Mittel der Diplomatie

Nun ist ja nicht immer klar, woher die Falschnachrichten gerade kommen, es ist durchaus nicht nur der Russe, der unverfroren lügt. Ich weiß jetzt nicht mehr, wer genau im Spätsommer 2015 ständig behauptet hat, dass die Menschen, die nach Deutschland strömten, allesamt Frauen mit großäugigen Kindern sind.

Seit neuestem aber habe ich einen Verdacht: die Meldung stammte womöglich aus Griechenland, wo man offenbar davon ablenken wollte, dass auch die von der Tsipras-Regierung per Amnestie aus den Gefängnissen entlassenen Kriminellen und Gewalttäter ins Gelobte Land flüchteten – so wie der mutmaßliche Mörder von Maria L. in Freiburg.

Der Kampf gegen Fake News, den die Regierung vollmundig verkündet, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Propaganda (ein alter Name für Lügen und Verdrehungen) gibt es seit Olims Zeiten, sie war schon immer ein beliebtes Mittel der Diplomatie, erst recht in Kriegszeiten. Im dreißigjährigen Krieg etwa warben die gegnerischen Parteien mit um die 10.000 Flugschriften für ihre jeweilige durchaus einseitige Sicht der Dinge.

Propaganda kann man nicht verbieten, man kann sie lediglich zu durchschauen versuchen.

Auch wenn es Mühe macht, die öffentlichen Arbeitslosenzahlen auf ihren Frisör hin zu durchflöhen oder die Polizeistatistiken als das zu verstehen, was sie sind: Auskunfteien über die Arbeit der Polizei, nicht der Kriminellen: es ist möglich, die Spreu vom Weizen zu trennen, auch da, wo es nur um Verschleierung oder Verfälschung der Wahrheit geht und nicht gleich um die glatte Lüge.

Ausgerechnet der Ort, an dem Politiker die Gerüchteküche, also die Quelle des Übels vermuten, das Internet im allgemeinen oder Social Media wie etwa Facebook im Besonderen, bietet zugleich ein bemerkenswert gut funktionierendes Instrument der Korrektur. Es gibt keine Regierungsgeheimnisse mehr, kein Herrschaftswissen der Offiziellen und Offiziösen, kein Meinungsmonopol der herkömmlichen Medien. Auch wer etwa auf Facebook in einer „Filterblase“ lebt, ist womöglich besser informiert als jemand, der täglich seine Zeitung liest und sich die Tagesschau zumutet. Ohne diese „Gegenöffentlichkeit“ bliebe vieles unter der Decke, unter anderem die Geschehnisse von Silvester 2015/16.

Hat sich die Regierung beraten lassen? Und wenn ja - hat niemand davon abgeraten, den Weg zum „Wahrheitsministerium“ weiter zu gehen? Zu oft ist in den letzten Jahren von offizieller Seite die Wahrheit gebeugt, verschleiert, verborgen oder auf andere Weise verletzt worden.

Ein Bumerang ist ein Wurfinstrument, das zum Werfenden zurückkehrt.

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