Die Frage nach dem Recht ist jenseits der reinen Formrichtigkeit des Gesetzgebungsverfahrens immer auch eine Frage nach der ethisch-moralischen Akzeptanz der angeordneten Regel innerhalb einer Rechtsgemeinschaft. Unterschiedliche Wertvorstellungen verschiedener Gesellschaften bilden je eigene Moralkodizes aus. Zu unserer mitteleuropäischen Moral gehört es, den Besitz- und Eigentumswillen eines Menschen prinzipiell höher zu bewerten als die Kraftpotenziale eines anderen. Aus diesem Grund halten wir die gewaltsame Wegnahme von Gegenständen gegen den Willen ihres Besitzers für sozialschädlich und also, als Raub, für strafwürdig. Ginge unsere Gesellschaft dazu über, Gewalt höher wertzuschätzen als Eigentum, bliebe alles Rauben absehbar bald straflos. Mithilfe ethischer Überlegungen werden moralische Grundvorstellungen wie diese dann in einen konkreten sozialen Handlungsrahmen umgesetzt.
Aus diesem ethisch gewonnenen Gerüst können im Anschluss einzelne, konkrete Rechtsregeln abgeleitet werden. Wegen dieser Zusammenhänge bezeichnet man das, was Recht ist, bisweilen auch als das „ethische Minimum“. Anders gesagt: Moralisch mag ein Mensch bisweilen zu mehr verpflichtet sein, als er nach dem Recht schuldet, aber das Recht darf ihn nie zu Unmoralischem verpflichten. Diese Rückanbindung des Rechtes an die Moral wird im Alltag durch den Maßstab der gesellschaftlichen Akzeptanz geleistet. Was eine Gesellschaft als Rechtsregel nicht akzeptiert, weil es ihren Moralvorstellungen nicht entspricht, das wird nicht (mehr) gelebt und verwandelt sich bald zu totem Recht. Erkennt der Gesetzgeber in diesem Falle, dass sein geschriebenes Gesetz nicht mehr allgemein als Recht akzeptiert wird, setzt er dieses Gesetz außer Kraft. Weigert er sich hingegen, das inakzeptabel gewordene Gesetz aufzuheben, riskiert er seine eigene Akzeptanz als juristische Autorität.
Welche Strafen Steuertricksern drohen
Hier wird in der Regel eine Geldstrafe verhängt, die in etwa einem Jahresnettoeinkommen des Steuerpflichtigen entspricht.
Die Strafverfolgungsbehörden ermitteln die Geldstrafe nach so genannten Tagessätzen. Der Geldbetrag für einen Tagessatz soll dem Tagesnettoeinkommen entsprechen.
Hat jemand ein Jahreseinkommen von 50.000 Euro brutto und Abzüge von 20.000 Euro für Steuern, Versicherungen und ähnlichem, so wäre der Tagessatz 82 Euro (gerechnet: 30.000:365).
Bei einer Hinterziehung von 10.000 Euro werden in der Regel 365 Tagessätze verhängt. Das bedeutet im Beispielsfall 365x82 = 29.930 Euro. Die Geldstrafe läge also bei rund 30.000 Euro.
Bei hohen Einkommen kann laut Experten die Strafe durchaus höher als die hinterzogene Steuer sein. Schließlich soll sich Steuerhinterziehung ja nicht lohnen.
Bei 20.000 Euro kommt man zu rund 440 Tagessätzen. Die Strafe läge im Beispielsfall dann 36.080 Euro.
Es ist bekannt, dass in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich streng bestraft wird. Eine interne Tabelle weist dies nach. Insofern gelten die hier genannten Strafrahmen nicht absolut, sondern sind lediglich Faustregeln.
Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Az. 1 StR 525/11) ist die Chance, auch bei schweren Steuervergehen um eine Haftstrafe herumzukommen, deutlich gesunken. Die Karlsruher Richter haben mit ihrer Entscheidung ein Urteil des Landgerichts Augsburg kassiert, das einen Unternehmer wegen 1,1 Millionen Euro hinterzogener Steuern nur zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt hatte. Dieses Strafmaß sei zu gering, entschied der BGH. Das Urteil liegt im Trend, glaubt Martin Wulf von der auf Steuerstrafrecht spezialisierten Kanzlei Streck Mack Schwedhelm: „In der Tendenz ziehen die Sanktionen an“, sagt der Jurist.
Betrachtet man diese begrifflichen Zusammenhänge, wird schnell eines deutlich: Die gegenwärtigen Debatten über die sogenannte „Steuermoral“ sind in bemerkenswerter Weise intellektuell verkürzt. Üblicherweise wird bei diesen Diskussionen nämlich jeder, der eine bestimmte formalgesetzliche Steuerpflicht nicht erfüllt, bereits – wörtlich – zum „Steuersünder“ erklärt. Der Rückgriff auf das theologische Verdikt gegen den „Sünder“ legt also nahe, dass der Verstoß gegen das Gesetz bereits einen Verstoß gegen die Moral bedeute. Genau dieser Rückschluss ist jedoch, wie gezeigt, gerade nicht zulässig. Denn nicht das staatliche, förmliche Gesetz gibt die Wertskalen vor, denen die Moral dann zu folgen hätte. Vielmehr hat das Gesetz, exakt umgekehrt, den Grundlegungen des moralisch Akzeptierten zu folgen.