Steuergelder Warum eigentlich sind öffentliche Bauten immer teurer als geplant?

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Gehry-Bau in Herford Quelle: dpa/dpaweb

Unberechenbar sind auch die Kosten für Voruntersuchungen. Wenn Grundstücke erst von vorhandener Bebauung befreit werden müssen, warten darunter oft böse Überraschungen. Kontaminationen müssen entfernt oder archäologische Grabungen abgewartet werden – das kann im schlimmsten Fall die Fortsetzung eines Baus unmöglich machen.

Auch das Vergabesystem selbst schafft Anreize für Baufirmen, bei Preisangaben unsauber zu arbeiten. Bei öffentlichen Ausschreibungen gewinnt immer der Bewerber mit dem günstigsten Angebot. Da die ausführende Firma prinzipiell an ihre Vorgaben gebunden ist, versuchen die Bewerber oft Risiken an Subunternehmen auszulagern. Gehen die pleite oder können doch nicht preisgerecht liefern, darf die ausführende Firma die Leistung am Markt nachkaufen – auf den Mehrkosten bleibt der Bauherr sitzen. Auch bei der Vertragsaufsetzung lässt sich tricksen: Passt der städtische Kämmerer nicht auf, verzichtet er auf Garantien, die später Millionen kosten.

Der "Worst Case" wird zu selten berücksichtigt

Da die Auftragssumme möglichst gering sein muss, um eine Ausschreibung zu gewinnen, lassen Bewerber zudem häufig bewusst Leistungen außen vor. Lange nach der Genehmigung tauchen diese dann als „Zusatzangebote“ auf. Dem Bauherrn bleibt meist nichts anderes übrig, als die Leistungen nachzukaufen. So ärgerten sich die Stadträte im fränkischen Bamberg im vergangenen Jahr, als die Projektentwickler ihnen Monate nach Genehmigung des Budgets für die Ausrichtung der bayrischen Landesgartenschau plötzlich Kosten für den Bau von Spazierwegen zum Veranstaltungsgelände präsentierten – der ursprüngliche Plan hatte sich nur auf das Gelände selbst bezogen. „In die Kalkulation sollten verschiedene Szenarien der Preisentwicklung einfließen“, fordert daher Matthias Warneke, vom Bund der Steuerzahler.

Um später nicht überrascht zu werden, müssten Gemeinderäte ihre Entschlüsse im Bewusstsein über die finanziellen Folgen des Worst-Case-Szenarios treffen, nicht auf Basis hoffnungsvoller Prognosen. Die gefährlichste Verführung jedoch lässt sich auch durch das beste Planungssystem nicht aushebeln: Es ist der Bau von Prestigeobjekten, bei dem auf Ausschreibungen verzichtet wird. So entschied sich der Gemeinderat in Herford 2002, beim US-Architekten Frank Gehry ein Museum in Auftrag zu geben, um Kulturtouristen nach Ostwestfalen zu locken. Das Projekt wurde über eine Betreibergesellschaft abgewickelt, so sparte man sich die Ausschreibung. Ergebnis: Statt 15 Millionen Euro kostete das Museum fast 30 Millionen. Nur in Sydney können sie über solche Preissprünge schmunzeln.

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