Olaf Scholz feierte seinen Coup im Stile eines Sheriffs: „Mit dem neuen Datensatz leuchten wir die dunklen Ecken aus, in denen sich Steuerstraftäter bisher verkrochen haben“, tönte er im vergangenen Juni. Und: „Jetzt ist die Steuerfahndung am Zug, die Täter aufzuspüren und ihrer gerechten Strafe zuzuführen.“
Worum ging es? Der Bundesfinanzminister hatte das Bundeszentralamt für Steuern im Januar beauftragt, Verhandlungen mit einem anonymen Informanten zu führen, der eine CD mit Daten im Angebot hatte. „In den Daten sind umfassende Informationen zu Millionen von Steuerpflichtigen weltweit und zu mehreren Tausend deutschen Steuerpflichtigen enthalten, die über Vermögen in Dubai verfügen“, erläuterte das Ministerium. Für zwei Millionen schlug der Fiskus zu und kaufte die Daten.
Die Hoffnung: Dass die Daten „unbekannte Vermögenswerte liefern und Rückschlüsse auf nicht erklärte Einnahmen“. Also Einnahmen, die in Deutschland hätten versteuert werden müssen. Mit dem Ankauf von Steuer-CDs hatte schon Scholz‘ Genosse und SPD-Parteichef Norbert Walter-Borjans als Finanzminister von Nordrhein-Westfalen mehrere Milliarden Euro Steuergeld zurückgeholt.

Warum sollte dies nicht auch im Wahljahr 2021 nochmal klappen? Diesmal eben im Steuerparadies Dubai, wo es weder Lohnsteuer noch Abgeltungssteuer gibt und wo im Exil lebende Deutsche Immobilien erwerben können. Wer allerdings einen Wohnsitz in Deutschland hat, muss hier Steuern zahlen.
Falls Scholz mit der Aktion seinen Bundestagswahlkampf unterstützen wollte, ist der Plan misslungen. Es war zuletzt still um die Steuer-CD geworden. Eine Umfrage der WirtschaftsWoche bei den Finanzministerien der Bundesländer ergab, dass die Dimension der Daten von der Steuer-CD etwas kleiner ist als ursprünglich gedacht.
Das fängt schon bei den Steuerzahlern an, zu denen es überhaupt Daten gibt. In Sachsen-Anhalt etwa ist das eine einzige Person. In Bayern hingegen sind es 278 Einzelfälle.
Das Bild ist deshalb unvollständig, weil die Berliner Finanzbehörde die Zahl der betroffenen nur ungefähr angab („dreistelliger Bereich“) und die Länder Baden-Württemberg, Hamburg und Nordrhein-Westfalen keine Zahlen lieferten und dies mit den laufenden Ermittlungen begründeten. Aber: Addiert man die Zahlen der Behörden zusammen und rechnet den Durchschnitt auf ganz Deutschland hoch, so ergibt sich eine niedrige vierstellige Zahl.
Wohlgemerkt: Das sind Deutsche, die möglicherweise ein Haus in Dubai besitzen und das Geld dafür brav versteuert haben. Herauszufinden, ob Schwarzgeld für den Immobilienkauf verwendet wurde, wird sehr schwer und langwierig sein. In einem einzigen Fall in Bayern wurde bislang ein Strafverfahren eingeleitet.
Steuer-CD: Das sagen die Finanzministerien
„Da lediglich ein Drittel der Daten maschinell zuordenbar war, erfolgt zurzeit die händische Auswertung der gelieferten Daten, damit diese an die zuständigen Finanzämter zur steuer- und strafrechtlichen Bearbeitung weitergeleitet werden können. Ein genauer Zeitplan, wann die erstellten Kontrollmitteilungen ausgewertet werden können und wann eventuell die Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen erfolgt, ist derzeit noch nicht absehbar.“
„Die vom Bundeszentralamt für Steuern übermittelten Daten zu Personen mit Grundbesitz in Dubai wurden in Bayern zentral aufbereitet und in 278 Einzelfällen (teilweise sind davon mehrere Personen an einem Grundstück beteiligt) an die zuständigen Steuerfahndungsstellen zur steuerlichen Vorprüfung verteilt. Bisher hat sich in einem der Fälle der (Anfangs-)Verdacht einer Steuerstraftat ergeben und es wurde ein Strafverfahren eingeleitet.“
„Die Anzahl möglicher betroffener Personen oder Unternehmen liegt im dreistelligen Bereich.“
„Die für Brandenburg relevanten Daten betreffen 19 Steuerpflichtige. Die Prüfung der steuerlichen Relevanz der Daten führte zu keiner Einleitung eines Strafverfahrens.“
„Es wurden Datensätze zu insgesamt 12 Einzelpersonen an das Bundesland Bremen zur Auswertung übergeben.“
„Wir bitten um Verständnis dafür, dass die angefragten Informationen aus ermittlungstaktischen Gründen nicht mitgeteilt werden können. Im Übrigen werden die Überprüfungen im Zusammenhang mit der vom Bund angekauften Daten-CD noch geraume Zeit andauern und müssen abgewartet werden, bevor zu den Ergebnissen Erkenntnisse vorliegen.“
„Die Daten in Hessen betreffen 226 steuerpflichtige Personen. Bisher wurden keine Steuerstrafverfahren eingeleitet. Die Ermittlungen hierzu dauern noch an.“
„Durch das Bundeszentralamt für Steuern wurden für Mecklenburg-Vorpommern Datensätze weitergeleitet, die insgesamt 27 Personen betreffen. In der Steuerstrafsachen- und Steuerfahndungsstelle Mecklenburg-Vorpommern wurde bislang kein Steuerstrafverfahren in diesem Zusammenhang eingeleitet.“
„In Niedersachsen sind 180 Personen betroffen. Die Datensätze befinden sich in der Auswertung, die noch nicht abgeschlossen ist. Deshalb können noch keine Aussagen getroffen werden.“
„Ob und welche (steuer-) strafrechtlichen Ermittlungsergebnisse anhand der Daten erzielt werden können, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht prognostiziert werden.“
„Unter Beachtung, dass einige Datensätze dieselbe Person oder Ehegatten betreffen, konnten im Ergebnis 42 rheinland-pfälzische Fälle identifiziert werden.“
„Die Daten betreffen insgesamt 14 Personen im Saarland. Bis dato sind noch keine Strafverfahren eingeleitet worden.“
„Die Daten betreffen 25 Personen. Steuerstrafverfahren wurden bislang nicht eingeleitet.“
„Nach Sichtung der Datensätze durch die Steueraufsichtsstelle ergab sich für Sachsen-Anhalt ein Fall. Der Datensatz für diesen Fall wurde der zuständigen Steuerfahndungsstelle zur weiteren Bearbeitung weitergeleitet. Im Rahmen der bisherigen Vorermittlungen hat sich kein steuerstrafrechtlicher Anfangsverdacht ergeben.“
„Die Daten konnten insgesamt 58 Personen zugeordnet werden. Es sind bislang noch keine Strafverfahren eingeleitet worden, die Prüfungen dauern diesbezüglich jedoch noch an.“
„Nach vorliegendem Kenntnisstand enthalten die Dubai-Steuerdaten sieben für Thüringen relevante Personen. Zur Frage, ob bislang Steuerstrafverfahren eingeleitet wurden, liegen noch keine Angaben vor. Auch Selbstanzeigen mit Bezug zu den Dubai-Daten sind bislang nicht bekannt.“
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