Steuerkrieg So will Schäuble im Steuerwettbewerb punkten

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Double Irish

Für Schäuble geht es auch um seine Staatskasse. Eskaliert der Steuerkrieg, drohen ihm Steuerausfälle in Milliardenhöhe – mittelfristig stünde nicht nur die „schwarze Null“ auf dem Spiel, es ginge auch um die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland.

„Der neue Steuerwettlauf wird gefährlicher als der alte“, prophezeit Berthold Welling vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Bisher drehte sich der Kampf nämlich um Fabriken, die sich nur unter großem Aufwand verlagern lassen. Im Digitalzeitalter entstehen dagegen völlig neue Wertschöpfungssektoren, die Unternehmen überall platzieren können. An- und Abwerbung wird also weltweit viel einfacher.

Entsprechend nervös verfolgen Schäubles Ministerialbeamte, wo die Beps-Front überall bröckelt.

von Dieter Schnaas, Simon Book, Max Haerder, Mona Fromm

Ein Schlachtfeld: Irland. Mal wieder. Schon vor Jahren hatten die Iren verwegene Gesellschaftskonstruktionen („Double Irish“) als Verkaufsschlager entdeckt. Mit deren Hilfe konnten US-Konzerne wie Apple, Google und Starbucks Hunderte Milliarden Euro steuerfrei in staatenlose Gesellschaften schleusen. Die EU-Kommission verdonnerte im vorigen Jahr allein Apple dazu, 13 Milliarden Euro Steuern an den irischen Fiskus nachzuzahlen.

Michael Noonan, ein bulliger Glatzkopf und irischer Finanzminister, grinst breit, wenn er davon spricht. Das sei ja die düstere Vergangenheit, beteuert er, Irland habe seine Lektion gelernt. Doch wenig später rattert Noonan schon die neuen Topkonditionen seines Landes für Unternehmen herunter: nur 12,5 Prozent regulärer Steuersatz, für Gewinne aus (irischen) Patenten und Lizenzen sogar lediglich 6,25 Prozent. „Alles von der OECD geprüft und genehmigt“, fügt Noonan hinzu. Er zwinkert, als wolle er sagen: Kommt her, die Party kann weitergehen.

Nicht nur dort. Auch im US-Bundesstaat Delaware, ebenfalls als Adresse für Steuersparer bekannt, herrscht seit dem Wahlsieg von Trump ausgelassene Stimmung. Wie gut der Baulöwe im Weißen Haus die Vorzüge von Delaware kennt, ist im Greentree Drive 160 in Dover zu besichtigen – der Hauptstadt des Staates. Dort steht ein unauffälliger Flachdachbau, nur zwei Geschosse hoch. Aber ausreichend groß, damit Trump bei der Firma National Registered Agents im Januar 2016 die Markennamen von über 100 Trump-Produkten weltweit in der DTTM Operations LLC bündeln konnte.

Effektive-Steuersätze-für-Unternehmen

Trump wusste natürlich genau, was er tat. In Delaware, wenige Autostunden von der Hauptstadt Washington entfernt, müssen Unternehmen ihre Gewinne aus Lizenzen, Patenten, Marken- und Urheberrechten überhaupt nicht versteuern. Auch erhebt der Bundesstaat keine eigenen Steuern, also wird nur der Bundessatz fällig. Und die Gründung eines Unternehmens verläuft dort routiniert binnen weniger Tage. Viele Tausende Konzerne aus aller Welt haben sich dort angesiedelt.

Als Präsident will Trump mit seiner Steuerreform viele Unternehmen anlocken. Delaware wird sich wohl einmal mehr freuen dürfen. Denn: Können Unternehmen bisher die lokalen Steuerzahlungen bei der Bundessteuer abschreiben, soll dieser Passus gestrichen werden. Ein klarer Vorteil für Regionen, die keine eigene Steuer zusätzlich zur Bundessteuer erheben – wie es eben Delaware praktiziert.

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