Gehaltsabrechnung im Januar Soli & Co.: Wo der Staat 2021 an der Geldschraube dreht

Durch den CO2-Preis steigen nicht nur die Preise an der Tankstelle. Durch eine Reform steigen auch die Kfz-Steuern für Spritschlucker. Quelle: dpa

Steuern hoch oder Steuern runter – und wenn ja, für wen? Diese Fragen sind seit Beginn der Coronakrise in aller Munde. Manchen winkt eine Steuerersparnis, andere müssen mehr bezahlen: Der Überblick.

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Steuern hoch oder Steuern runter – und wenn ja, für wen? Diese Fragen sind seit Beginn der Coronakrise in aller Munde. Die einen fordern weniger Steuern für Unternehmen, die anderen mehr für Vermögende. Beschlossen wurde für 2021 nichts davon. Stattdessen greift eine der größten Steuersenkungen des gesamten Jahrzehnts: Für die meisten Bürger fällt der Solidaritätszuschlag weg. An anderer Stelle jedoch greift der Staat den Menschen im kommenden Jahr auch in die Tasche.

Unterm Strich wird der Bundeshaushalt stärker belastet, als man sich das in der Coronakrise vielleicht wünschen würde. Nach einer Aufstellung des Ifo-Instituts kosten die Entlastungen für die Bürger mehr als 15 Milliarden Euro. Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, spekuliert: „Hätte man vor ein paar Jahren gewusst, dass die Pandemie kommt, hätte man den Soli-Teilabbau und die Entlastung vermutlich nicht beschlossen.“ Eine Übersicht, wo der Staat im kommenden Jahr für mehr oder weniger Geld in den Taschen sorgt.

Soli, Kindergeld, Strompreis: Das beeinflusst Ihr Gehalt im Januar 2021 – und was davon übrig bleibt

Solidaritätszuschlag

Für 90 Prozent der heutigen Zahler fällt der Soli ab Januar komplett weg, für weitere 6,5 Prozent zumindest zum Teil. Nur den Top-Verdienern wird er weiter in voller Höhe abgezogen. Der Zuschlag beträgt 5,5 Prozent der Körperschaft- oder Einkommensteuer - insgesamt sparen die Bürger durch den Abbau rund 10 Milliarden Euro.

Ob man weiter zahlen muss oder nicht, hängt vom zu versteuernden Einkommen und den Lebensumständen ab, etwa, ob man Kinder hat, alleinerziehend oder verheiratet ist. Singles sparen laut Soli-Rechner des Finanzministeriums bis zu einem zu versteuernden Einkommen von rund 96.800 Euro Geld. Zusammenveranlagte Paare bis etwa 193.500 Euro. Demnach kann ein Single Steuern von bis zu 930 Euro im Jahr sparen, ein Paar mehr als 1860 Euro. Wer sehr wenig verdient, profitiert allerdings kaum – weil er schon heute nur wenig Soli zahlt.

Kindergeld

Das Kindergeld steigt für das erste und zweite Kind ab Januar auf 219 Euro pro Monat, für das dritte Kind gibt es 225 Euro und ab dem vierten Kind 250 Euro. Darüber wurde der Kinderfreibetrag bei der Steuer um mehr als 500 Euro auf 8388 Euro angehoben. Eltern können entweder Kindergeld oder Kinderfreibetrag nutzen. Der Freibetrag verringert die Einkommensteuer und lohnt sich daher vor allem für Besserverdiener. Das Finanzamt prüft, welche Hilfe für welche Familie mehr bringt. Kritiker sagen, Familien mit ganz geringem Einkommen hätten nichts von der Erhöhung, weil das Kindergeld mit Hartz-IV verrechnet wird.

Grundfreibetrag

Die Einkommensgrenze, ab der man Steuern zahlen muss, wird um 336 Euro auf 9744 Euro angehoben. Dadurch zahlen die meisten Bürger weniger Steuern. Zugleich steigt die Grenze, ab der der 42-prozentige Spitzensteuersatz fällig wird, leicht auf ein Jahreseinkommen von 57.919 Euro.

Der Brutto-Netto-Rechner berechnet das genaue Nettogehalt eines vorher gewählten Bruttogehalts. Unser Gehaltsrechner zeigt Ihnen außerdem alle Abgaben, wie zum Beispiel die Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und die...

CO2-Preis

Um fossile Energien zu verteuern und klimaschonende Alternativen voranzubringen, gibt es ab 2021 einen nationalen CO2-Preis für die Bereiche Verkehr und Heizen. Pro Tonne CO2, die beim Verbrennen von Diesel und Benzin, Heizöl und Erdgas entsteht, müssen verkaufende Unternehmen wie Raffinerien zunächst 25 Euro zahlen. Nach und nach wird es mehr - wie es in der zweiten Hälfte der 2020er-Jahre weitergeht, ist noch offen. Heizen mit fossilen Energieträgern und Tanken wird also teurer. Dazu kommt, dass die vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer ausläuft. Der Mineralölwirtschaftsverband rechnet deswegen damit, dass die Kosten beim Tanken insgesamt um 10 bis 11 Cent pro Liter steigen.

Pendlerpauschale

Der Staat nimmt durch den CO2-Preis knapp acht Milliarden Euro ein. Das Geld will er sich aber nicht einfach in die Tasche stecken, sondern die Bürger im Gegenzug auch entlasten. Deshalb steigt die Pendlerpauschale in der Steuererklärung - allerdings erst ab dem 21. Kilometer. Dann gibt es 35 Cent statt bisher 30 Cent pro Kilometer. Nach Rechnung des Steuerzahlerbunds kann man mit einem Arbeitsweg von 35 Kilometern im kommenden Jahr rund 165 Euro mehr Entfernungspauschale geltend machen als bisher.

Strompreis und EEG-Umlage

Auch die EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms wird mit 5,4 Milliarden Euro aus Steuermitteln leicht gesenkt. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil des Strompreises. Die Umlage wäre sonst stark gestiegen. In der Politik läuft außerdem längste eine Debatte, wie die EEG-Umlage langfristig auslaufen kann. Die Strompreise in Deutschland gehören zu den höchsten in Europa.

Kfz-Steuerreform

Für neue Autos mit hohem Spritverbrauch steigt die Kfz-Steuer - allerdings nur für Wagen, die neu zugelassen werden. Das soll Bürger dazu bringen, sparsamere Pkw zu kaufen. Einer Studie zufolge wird es pro Jahr im Schnitt um 15,80 Euro teurer - bei vielen Autos ändert sich aber überhaupt nichts.

Was kommen könnte

Die Debatte, wie es in der Haushalts- und Finanzpolitik weitergeht nach der Krise, dürfte im Wahljahr 2021 an Fahrt gewinnen - und die Frage, wer die Kosten der Pandemie bezahlt. SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz will im Fall eines Wahlsiegs Vermögende stärker belasten. Die Union lehnt das ab. „Wir wollen keine Vermögensabgabe“, sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Bundestag. „Die Kernaufgabe heißt: Wie schaffen wir Wachstum? Denn über Wachstum können wir auch Mehreinnahmen generieren.“

DIW-Präsident Fratzscher aber warnt: „Anders als nach der Finanzkrise vor zehn Jahren wird es nach der Coronakrise nicht zu einem Beschäftigungsboom kommen, weil die Babyboomer-Jahrgänge in Rente gehen. Die Beschäftigung wird trotz Zuwanderung eher sinken. Das bedeutet, die Steuereinnahmen werden nicht mehr so sprudeln.“
Der Staat müsse deutlich mehr investieren: „Wir haben im internationalen Vergleich eine schlechte digitale Infrastruktur, eine schlechte Verkehrsinfrastruktur. Wir geben zu wenig Geld für Bildung aus und stehen vor riesigen Herausforderungen beim Klimaschutz.“ Fratzscher plädiert für eine Steuerreform, die vor allem Firmen sowie kleine und mittlere Einkommen entlastet.

Mehr zum Thema: Mit Hilfe des Brutto-Netto-Rechners der WirtschaftsWoche können Sie das Nettogehalt für 2021 berechnen und mit den zurückliegenden Jahren vergleichen.

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