Steuerpolitik Trumps Steuerreform setzt Deutschland unter Druck

Die US-Steuerreform kommt. Der DIHK bewertet diese „unterm Strich positiv“. So würden auch deutsche Unternehmen in den USA entlastet. Doch das hiesige Wirtschaftsministerium gerät unter Zugzwang.

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Der Präsident des ifo-Instituts sieht in der Steuerreform eine Verschärfung des Wettbewerbs um die Ansiedlung von Investitionen. Quelle: dpa

Berlin Die größte US-Steuerreform seit mehr als 30 Jahren setzt die deutsche Politik unter Handlungsdruck. Das Prestige-Projekt von US-Präsident Donald Trump nahm am Mittwoch im Repräsentantenhaus in einem erneuten Votum die letzte Hürde, da ein Verfahrensfehler eine zweite Abstimmung notwendig machte. Der Senat hatte bereits grünes Licht gegeben. In Deutschland zeigte sich das Bundeswirtschaftsministerium zwar erleichtert, dass die Reform die befürchtete Importsteuer offenbar nicht enthält. Das Finanzministerium warnte indes vor möglichen Auswirkungen auf die Handelsströme. Obwohl der Standort Deutschland nach Einschätzung von Experten unter Zugzwang gerät, bergen die US-Vorschriften für Exportfirmen mit Ablegern in Amerika auch viele Vorteile.

„Mit dieser Steuerreform folgen die USA dem internationalen Trend zu sinkenden Steuersätzen“, sagte der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest. „Das verschärft den Wettbewerb um die Ansiedlung von Investitionen und Arbeitsplätzen.“ Die Industrie warnte vor der Abwanderung deutscher Firmen nach Übersee. „Das Gesetzespaket in den USA enthält mit verbesserten Abschreibungsregelungen und Verschärfungen für grenzüberschreitend tätige Unternehmen erhebliche Anreize, Konzernfunktionen und Investitionen in die USA zu verlagern“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Joachim Lang.

Firmen, die in den USA tätig sind, werden nach Ansicht der Deutsche Industrie- und Handelskammertag spürbar entlastet. Die Steuerreform mache letztlich den Standort USA attraktiver, sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier der Nachrichtenagentur Reuters.

Der US-Körperschaftsteuersatz soll von 35 auf 21 Prozent sinken und liegt damit deutlich unter den etwa 25 Prozent, die Unternehmen in den OECD-Industriestaaten durchschnittlich auf ihre Gewinne zahlen. Nicht eingerechnet sind weitere Abgaben, sodass Experten zufolge die Steuerlast für Firmen in den USA bei 25 Prozent liegt. In Deutschland sind 15 Prozent Körperschaftsteuer fällig, wozu rund 14 Prozent Gewerbesteuer und der Solidaritätszuschlag kommen.

Die deutsche Wirtschaft forderte bereits, den Soli möglichst bald abzuschaffen, um die Steuerlast zu mildern und gegenüber den USA nicht ins Hintertreffen zu geraten. Union und SPD, die am Mittwoch den Zeitplan für Sondierungen über eine mögliche große Koalition berieten, haben im Wahlkampf unterschiedliche Konzepte zur Abschaffung des Solis vertreten. Auch bei der Einkommensteuer wollen beide Seiten die Mitte der Gesellschaft entlasten. Bei der Gegenfinanzierung gibt es aber Unterschiede.

Das Wirtschaftsministerium äußerte sich erleichtert, dass die sogenannte Excise Tax, eine Art Importsteuer, im endgültigen Gesetzentwurf wohl nicht mehr enthalten ist. Das Finanzministerium wollte indes noch keine Entwarnung geben und verwies auf eine Regelung, die eine Mindeststeuer für den Transfer von Leistungen von US-Unternehmen an Firmen im Ausland vorsieht. Bundesfinanzminister Peter Altmaier und vier seiner EU-Kollegen hatten in einem Brief an US-Ressortchef Steven Mnuchin unter anderem diese Mindestabgabe (BEAT) kritisiert.

DIHK-Experte Treier warnte vor einer solchen Besteuerung in Höhe von zehn Prozent, wenn die Wertschöpfung nicht in den USA stattfinde. In Berlin wird bereits geargwöhnt, dass die Vorschrift gegen das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und den USA sowie Regeln der Welthandelsorganisation WTO verstoßen könnte.

Der Gesetzgebungsprozess verzögerte sich, weil das Repräsentantenhaus erneut abstimmen musste. Nach dem ersten Votum machten die Demokraten im Senat Formfehler geltend, da die Gesetzestexte beider Kongresskammern nicht identisch waren. Auch die zweite Entscheidung im Repräsentantenhaus entschieden die Republikaner mit 224 gegen 201 Stimmen für sich. Trump will das Gesetz noch im Tagesverlauf unterzeichnen. Der Senat stimmte mit 51 zu 48 Stimmen für die Reform.

Die Reform ist der bislang größte Erfolg Trumps seit seinem Amtsantritt vor elf Monaten. Er warb mit dem Versprechen, viele Bürger und Unternehmen stark zu entlasten und die rund laufende Wirtschaft stärker anzukurbeln. Die Reform könnte den US-Schuldenberg von aktuell 20 Billionen Dollar binnen zehn Jahren um weitere 1,4 Billionen ansteigen lassen. Das wären im Schnitt mehr als zehn Milliarden Dollar im Monat.

Die Demokraten haben die Pläne geschlossen abgelehnt, weil sie darin Geschenke für Unternehmen und Reiche sehen, während die Staatsschulden aufgebläht werden. Gründlich überholt wurde das US-Steuersystem zuletzt 1986 unter Präsident Ronald Reagan, was einen Wirtschaftsboom nach sich zog.

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