Steuerschätzung Schäuble hält die Schwarze Null – zumindest 2016 und 2017

Bund, Länder und Gemeinden können in diesem und im nächsten Jahr mit zusätzlichen Steuereinnahmen rechnen. Der Bundesfinanzminister sieht sich schon als „Hans im Glück“ – doch nach 2017 trüben sich die Aussichten.

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„Eine ganze Legislaturperiode ohne neue Schulden, das ist doch auch schon etwas.“ Quelle: AP

Berlin Die Rücklage für Flüchtlinge werden für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) immer mehr zur Reservekasse. Ende 2015 reservierte er sich den Haushaltsüberschuss von immerhin zwölf Milliarden Euro, um daraus 2016 und 2017 jeweils sechs Milliarden Euro für die Integration des Flüchtlinge zu zahlen. In diesem Jahr allerdings wachsen die Steuereinnahmen nun doch etwas mehr als erwartet. „Die Rücklage Integration müssen wir großenteils nicht in Anspruch nehmen“, sagte Schäuble, als er am Freitagnachmittag das Ergebnis der aktuellen Steuerschätzung vorstellte. Das Geld dürfte wahrscheinlich sogar fast vollständig liegen bleiben – für die etwas magereren Jahre, die sich nach den Erwartungen der Steuerschätzer ab 2018 anschließen dürften: Gegenüber der Schätzung vom Mai soll der Bund in den Jahren 2018, 2019 und 2020 jeweils gut zwei Milliarden Euro weniger einnehmen als bisher erwartet.

Statt von kräftig sprudelnden Steuereinnahmen wie in den letzten Jahren spricht Schäuble deshalb nur mehr von „stabilen“ und „ordentlichen“ Einnahmen. Ausgerechnet im Wahljahr 2017 hat er allerdings das eigentlich angenehme Problem, dass die Einnahmen mit einem Plus gegenüber Mai von 3,8 Milliarden Euro stärker zunehmen als im Mai erwartet. Was Begehrlichkeiten weckt: Bauministerin Barbara Hendricks (SPD) fordert gemeinsam mit Unionsfraktionsvize Ralph Brinkhaus (CDU) und der CSU die Einführung eines Baukindergeldes, um Familien den Erwerb einer Wohnimmobilie zu erleichtern. Haushälter fürchten deshalb bereits die Rückkehr der 2005 abgeschafften Eigenheimzulage durch die Hintertür: Sie war damals mit jährlichen Ausgaben von 13 Milliarden Euro die teuerste Einzelsubvention aller Zeiten.

Auch andere äußerten Wünsche: Der Bund der Steuerzahler verlangte Steuersenkungen, die SPD Mehrausgaben für Investitionen, der Bundesverband der Industrie einen steuerlichen Ausgleich für die Niedrigzinsen bei der betrieblichen Altersvorsorge.

Gleichzeitig jedoch wird der Haushaltsausschuss bereits kommende Woche im Bundestag höhere Ausgaben für 2017 beschließen: Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) bekommen mehr Geld, um die Flüchtlingslager in Jordanien und dem Libanon besser auszustatten, das Verteidigungsministerium darf für die Bundeswehr Korvetten kaufen, und die Bundespolizei bekommt ebenfalls mehr Geld für den Anti-Terror-Kampf. Im Finanzplan für das voraussichtlich magere Jahr 2018 klafft zudem noch eine Lücke von fünf Milliarden Euro. Umso froher ist man in Schäubles Ministerium, dass die Flüchtlings-Rücklage nicht schon 2017 aufgebraucht werden muss, sondern auch noch 2018 die Integrationskosten finanzieren kann.

„Alle sind gut beraten, angesichts der heute verkündeten Zahlen mit Versprechen für die Zukunft vorsichtig zu sein“, warnte SPD-Haushälter Johannes Kahrs. Auch Unionshaushälter Eckhardt Rehberg (CDU) mahnte zur Vorsicht: „Das Ergebnis zeigt, dass wir weiterhin diszipliniert sein und klare Prioritäten setzen müssen“, sagte er. „Die Union tritt dabei vor allem für eine weitere personelle und finanzielle Stärkung der Sicherheitsbehörden ein“, so Rehberg.

Für eines allerdings, sagt Schäuble, wird die Steuerschätzung reichen: Dass er 2016 und 2017 die schwarze Null halten kann. „Eine ganze Legislaturperiode ohne neue Schulden, das ist doch auch schon etwas“, sagte er. Er fühle sich dabei wegen der guten Konjunktur durchaus ein wenig wie die Märchenfigur „Hans im Glück“.

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