Steuersenkung Warum der Soli nicht alles ist

Bundeskabinett stimmt Soli-Plänen zu. Quelle: dpa

Mit Olaf Scholz schafft ausgerechnet ein Sozialdemokrat den Soli ab. Jedenfalls ein bisschen. Politik für Leistungsträger sollte dabei allerdings nicht halt machen.

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Der Einstieg in den Ausstieg ist geschafft. Mit dem Kabinettsbeschluss am Mittwoch ist das Ende des Solidaritätszuschlages eingeläutet, ziemlich genau dreißig Jahre nach dem Mauerfall. Das ist ein schöner Symboltermin für einen Akt der Symbolpolitik. Denn zu nichts anderem ist das Soli-Aus verkommen.

Seit Jahren redet niemand mehr ernsthaft über eine Steuerreform, die den Namen verdient. Alle debattieren nur über den Soli, dieses bluthochdruckfördernde Steuerrelikt (so sagen die einen), diese überaus notwendige Abgabe für elementare staatliche Aufgaben (so die anderen). Wie praktisch: Man konnte trefflich über den Soli streiten, als ginge es dabei um große Politik, und die wirklich wichtigen Fragen ausblenden.

Zum Beispiel diese: Sind die Belastungen für Arbeitnehmer, für Kapitalbesitzer, für vermögende, Erben und Unternehmer noch richtig und fair verteilt? Werden Familien hinreichend entlastet? Ist etwa das Ehegattensplittung noch zeitgemäß? Ist man ab 56.000 Euro zu versteuerndem Jahresbrutto ernsthaft schon ein Fall für den Spitzensteuersatz? Muss eine Steuererklärung Stunden dauern – oder hunderte Euro für den Steuerberater kosten? Und warum packt niemand, wenn es denn um eine Entlastung der normalen Leistungsträger geht, die Sozialbeiträge an?

Womit wir bei Olaf Scholz wären. Der Vizekanzler, SPD-Vorsitzkandidat und Finanzminister darf in die Geschichtsbücher eingehen als derjenige, der den Soli tilgte. Nicht Wolfgang Schäuble. Auch nicht Christian Lindner. Einerseits. Andererseits sollte niemand, der politischen Verstand besitzt, erwarten, dass sich der plötzliche Wahlkämpfer und Sozialdemokrat Scholz auch noch für eine allzu zügige End-Entlastung der obersten drei, vier Prozent der Einkommensbezieher stark macht.

Und die Wahrheit ist: das ist auch nicht so drängend. Wenn Scholz also klug wäre, würde er die Debatte weg vom Soli lenken. Und als erstes über Sozialversicherungsbeiträge reden. Diese de facto Flat-Tax (rund 20 Prozent für alle) schmerzt Krankenschwestern, Müllmänner, Bandarbeiter, Erzieherinnen oder Pfleger viel mehr als die Einkommensteuer – und Arbeitgeber übrigens auch. Dieses bisschen weniger Soli dagegen, das spüren sie kaum.

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