Stickoxid-Emissionen durch Diesel „Realexperiment an 80 Millionen Bürgern“

Wegen ihrer Kritik an Abgastests an Tieren wirft Grünen-Politiker Oliver Krischer der Kanzlerin Scheinheiligkeit vor. Schließlich habe Merkels Regierung die Stickoxid-Emissionen von Dieselfahrzeugen nicht eingedämmt.

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Eine Leuchttafel weist in Stuttgart auf Feinstaubalarm hin. Quelle: dpa

Berlin Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer hat Bundeskanzlerin Angela Merkel und Verkehrsminister Christian Schmidt wegen ihrer Kritik an Abgasversuchen an Menschen und Tieren Scheinheiligkeit vorgeworfen. Wenn beide sich über solche Tests nun in der Öffentlichkeit empörten, finde er das „absolut bigott“, sagte Krischer am Dienstag im Deutschlandfunk. Schließlich seien die beiden mitverantwortlich dafür, dass bei der Begrenzung der Stickoxid-Emissionen von Dieselfahrzeugen in Städten kaum etwas geschehen sei. Das komme einem „Realexperiment an 80 Millionen Bürgern“ mit Grenzwertüberschreitungen gleich, für die auch die Regierung eine Mitschuld trage. Der Autoindustrie warf er „Tricksen und Betrügen“ bei der Begrenzung der Schadstoffemissionen vor.

Krischer bemängelte, es habe viel zu lange einen „Kuschelkurs“ weiter Teile der Politik gegenüber der Autoindustrie gegeben, der endlich beendet werden müsse. Er räumte in diesem Zusammenhang ein, dass man sich auch vom Grünen-Regierungschef in Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, „an der einen oder anderen Stelle schon einmal ein deutlicheres Wort“ wünschen würde.

Berichte über Abgasversuche eines Forschungsvereins der Autobauer an Affen und Menschen hatten am Montag Empörung bei Politik und Unternehmen ausgelöst. Bundeskanzlerin Merkel verurteilte die Diesel-Abgastests scharf und forderte Aufklärung. „Diese Tests an Affen oder sogar Menschen sind ethisch in keiner Weise zu rechtfertigen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. „Die Empörung vieler Menschen ist absolut verständlich.“

Dabei waren zumindest die Abgastests an Tieren dem Untersuchungsausschuss zum VW-Abgasskandal – und damit der Politik – seit eineinhalb Jahren bekannt. Schon auf dessen Sitzung am 8. September 2016 berichtete der bekannten Toxikologe Helmut Greim mehrfach davon, dass es entsprechende Tests gegeben habe. Keiner der informierten Politiker – zu denen auch der Grünen-Politiker Krischer zählte – nahm jedoch daran Anstoß. Dies geht aus dem stenografischen Protokoll der Sitzung hervor, das dem Handelsblatt vorliegt.

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