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Straßengebühr Wie viel die Pkw-Maut wirklich bringt

CSU-Chef Horst Seehofer pocht auf die Pkw-Maut für Ausländer. Interessenverbände streiten über die tatsächlichen Einnahmen. Rechtlich durchsetzbar scheint die Maut aber nicht.

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Ein Verkehrsschild weist auf eine Mautpflicht hin Quelle: dapd

Es ist Wahlkampfzeit und in dieser darf ein Politiker vor einer großen Landtagswahl und noch größeren Bundestagswahl gerne mal seine Muskeln lassen. Horst Seehofer, Spitzenkandidat der CSU für das Ministerpräsidentenamt in Bayern, tat das auf seine Weise. Er will die Pkw-Maut erzwingen und „unterschreibe keinen Koalitionsvertrag, in dem das nicht drinsteht“, sagt er der „Bild am Sonntag“.

Die Forderung erregt die Gemüter. Politiker aus allen Lagern lehnten die Pläne des CSU-Chefs ab. Die Diskussionen sorgten dafür, dass die Inhalte einer solchen Maut in den Hintergrund rücken. Denn unklar ist immer noch, ob sich eine Ausländer-Maut für den Staat wirtschaftlich überhaupt lohnen würde. Und ob sie europarechtlich überhaupt legitim ist.

Der Reihe nach: Der ADAC kolportiert gerne eine möglichst niedrige Zahl, um den Nutzen einer Pkw-Maut überflüssig zu machen. Die Straßengebühr brächte pro Jahr etwa 225 Millionen Euro, heißt es beim Automobilclub und bezeichnete die Pläne Seehofers als "blankem Populismus". Diese Summe reiche „vorne und hinten nicht, um unsere Probleme der Verkehrsinfrastruktur zu lösen." Nach Berechnungen des ADAC sind hierfür jährlich zusätzliche Investitionen von 7,5 Milliarden Euro nötig.

Damit benennt der ADAC aber auch gleichzeitig das Grundproblem. Die Verkehrsinfrastruktur gilt als chronisch unterfinanziert. 7,5 Milliarden Euro wären demnach zusätzlich pro Jahr nötig, um sämtliche Verkehrswege in Schuss zu halten und auszubauen: Straßen, Schienen, Wasserwege. Dazu zählen auch kommunale Straßen.

Beim Bund rechnet man ein bisschen anders. Pro Jahr seien 2,5 Milliarden Euro pro Jahr notwendig, um Sanierung und Ausbau der Bundesstraßen und Autobahnen auf den Weg zu bringen. Für alle Verkehrswege wären es rund vier Milliarden Euro. Die vom ADAC in die Diskussion geworfene Zahl von 225 Millionen wäre damit sicherlich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Doch die Zahlen der Autofahrer-Lobby dürfte reichlich unterschätzt werden.

Denn der ADAC beruft sich auf eine zwei Jahre alte Studie der Uni Köln. Dort ging man davon aus, dass Autofahrer die Wahl zwischen drei Vignetten haben: eine Jahres-Vignette für 100 Euro, eine Zwei-Monats-Vignette für 30 Euro und eine Zehn-Tages-Vignette für zehn Euro. Diese Preise sind durchaus realistisch. Aber die Annahme weckt Zweifel: Jeder vierte Ausländer, der mit seinem Pkw nach Deutschland fährt, kauft sich demnach eine Jahres-Flatrate. Die Einnahmen daraus würden 125 Millionen Euro einfahren – und damit mehr als die Hälfte. Die 119 Millionen statistisch nachgewiesenen Fahrten nach und aus Deutschland würden sich somit vor allem auf diese Gruppe aufteilen. Sie zahlen einmal 100 Euro und fahren zig-fach nach Deutschland rein oder wieder raus. Die Einnahmen wären also relativ gering.

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