Streit mit der Türkei Steinmeier weist Vorwurf der Terroristenunterstützung zurück

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hat Deutschland vorgeworfen, es lasse die militante PKK und die linksextreme DHKP-C frei agieren. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier weist die Vorwürfe zurück.

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Der Bundesaußenminister wehrt sich gegen die Vorwürfe aus der Türkei. Quelle: dpa

Brüssel/Ankara/Berlin Die Bundesregierung verwahrt sich gegen Vorwürfe der Türkei, in Deutschland würden Terroristen unterstützt. „Ich glaube, auch in Ankara weiß man, dass das Gegenteil richtig ist“, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier am Dienstag in Berlin. Sein türkischer Kollege Mevlüt Cavusoglu hatte erklärt, die Bundesregierung lasse die militante PKK und die linksextreme DHKP-C frei agieren. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach mit Blick auf das Vorgehen gegen Opposition und Presse in der Türkei von alarmierenden Signalen. Die EU sieht „sehr besorgniserregende Entwicklungen“. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker warnte, die geplante Visa-Befreiung für Türken könne platzen. Dann würde auch das Flüchtlingsabkommen zwischen der Türkei und der EU infrage gestellt.

Die PKK und andere extremistische Parteien aus der Türkei seien in Deutschland als terroristische Vereinigungen verboten, sagte Steinmeier. Sie würden strafrechtlich verfolgt. „Deshalb kann ich nicht nachvollziehen, was es heute an Äußerungen aus der Türkei gegenüber Deutschland gegeben hat. Die Wiederholung macht den Vorwurf nicht richtig.“ Dagegen hatte Cavusoglu bekräftigt: „Die DHKP-C und die PKK operieren in Deutschland, aber sie unterstützen sie, weil sie gegen die Türkei sind.“

Deutschland halte sich für eine erstklassiges Land, für eine erstklassige Demokratie, und glaube, dass die Türkei nur zweite Klasse sei. „Wir wollen, dass sie uns als gleichberechtigte Partner behandeln“, forderte Cavusoglu. Ähnlich hatte sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan geäußert.

In Berlin sagte Merkel zu dem Vorwurf, Deutschland gewähre Terroristen Unterschlupf, für Hilfesuchende gebe es rechtsstaatliche Verfahren: „Wir wissen, wenn Asylgründe vorliegen, dann wird das von unabhängigen Institutionen entschieden.“ Zu ihrem Kurs gegenüber der Regierung in Ankara sagte sie: „Wir arbeiten politisch erst einmal darauf hin, dass in der Türkei eine Situation entsteht, die es nicht notwendig macht, dass Menschen um Asyl nachsuchen müssen, sondern wo die Grundfreiheiten gegeben sind.“ Sie betonte, Deutschland werde sich weiterhin für die Rechte von Abgeordneten und für Pressefreiheit einsetzen. Außenstaatssekretär Michael Roth bot Regierungskritikern Asyl in Deutschland an.

EU-Kommissionspräsident Juncker pochte darauf, die Türkei müsse als eine Voraussetzung für die Visa-Befreiung ihre Anti-Terror-Gesetze entschärfen. „Wir brauchen die Türkei (...), aber wir können nicht unsere wichtigsten Prinzipen aufgeben“, erklärte Juncker. Ähnliche Forderungen der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini bezeichnete das türkische Außenministerium als „unannehmbar“. Erdogan lehnt Abstriche an den Anti-Terror-Gesetzen bislang ab und fordert die Reisefreiheit als Gegenleistung zum Flüchtlingsabkommen. Darin hat sich die Türkei verpflichtet, von ihrem Territorium aus illegal in die EU eingereiste Flüchtlinge zurückzunehmen.

In einer Stellungnahme rief die EU die Türkei auf, demokratische Standards zu wahren. Dort wurde auf die geplante Wiedereinführung der Todesstrafe, die Schließung regierungskritischer Medien und die Festnahme oppositioneller Parlamentarier hingewiesen. Die Türkei sollte die PKK als terroristische Gruppe verfolgen, aber die Verhaftung von Abgeordneten einer legalen kurdischen Partei spalte die Gesellschaft.

„Die Rückkehr zu einem glaubwürdigen politischen Prozess und zu einem ernst gemeinten politischen Dialog ist essenziell für die Demokratie des Landes und die Stabilität in der Region“, heißt es in der Stellungnahme, die einen Tag vor Erscheinen des sogenannten Fortschrittsberichts veröffentlicht wurde. In dem Bericht bilanziert die EU die Anstrengungen der Türkei, die Voraussetzungen für den gewünschten Beitritt zum Staatenbund zu erfüllen.

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