Streit um die Munition „Der Kanzler muss begreifen, dass Deutschland Kriegsziel ist“

Bundeskanzler Olaf Scholz gemeinsam mit Verteidigungsministerin Christine Lambrecht. Quelle: imago images

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) wollte neues Geld für Munition – und bekam eine ungewöhnlich harte Belehrung aus dem Finanzministerium. Verbündete wie Gegner sehen die Schuld aber nicht nur bei ihr. 

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Sie wollte Geld – und bekam eine Abfuhr. Vielmehr Wissen braucht es eigentlich nicht, wenn es um eine aktuelle Antwort des Bundesfinanzministeriums auf die Finanzbitten von Christine Lambrecht geht. Die SPD-Verteidigungsministerin hatte angesichts der grassierenden Munitionsprobleme bei der Bundeswehr um mehr Geld gebeten. Damit wolle sie bei der Industrie Nachschub bestellen.

Stattdessen gab es am Donnerstag eine briefliche Watsche für die Ministerin. „Ich muss feststellen, dass Sie die hier angeführte Notwendigkeit der Munitionsbeschaffung weder bei der Verhandlung zum Sondervermögen und dessen Wirtschaftsplan, noch im Zuge des parlamentarischen Verfahrens zum Ausdruck gebracht haben“, antwortete Staatssekretär im Finanzministerium Steffen Saebisch. Finanzminister und Ampel-Partner Christian Lindner (FDP) lässt grüßen. Autsch.

Dabei sehen Verbündete wie Gegner von Lambrecht die Schuld nicht nur bei ihr. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), etwa betont gegenüber der WirtschaftsWoche: Das Antwortschreiben sei nicht umsonst an den zuständigen Staatssekretär, Benedikt Zimmer, gerichtet gewesen.

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von Max Biederbeck

„Es ergab ausgesprochen Sinn, ohne Umwege den für die Beschaffung verantwortlichen Staatssekretär anzusprechen‘‘, erklärte Strack-Zimmermann und will das als personelle Kritik verstanden wissen. „Das Geld ist da und nun muss das Ministerium handeln und die Munition bestellen“, fordert die FDP-Sicherheitsexpertin. „Manchmal ist die Antwort ganz einfach.”

Kritik kommt auch von den Grünen. „Das Finanzministerium teilt meine Auffassung: Es liegt nicht am Geld, es liegt an der Planung“, sagt die verteidigungspolitische Sprecherin der Fraktion Sara Nanni. Das Bundesministerium der Verteidigung müsse zügig einen Weg finden, „diese Versäumnisse zu heilen.“

Hinter den Kulissen finden verärgerte Ampel-Vertreter derweil härtere Worte: „Wenn man sich wie Zimmer damit brüstet, bereits 30 Termine mit der Rüstungsindustrie in diesem Jahr gehabt zu haben, muss man sich schon fragen, warum daraus noch nichts geworden ist“, heißt es etwa.

Derweil sucht die Union die Schuld weiter oben bei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Der habe die Munitionsbeschaffung immerhin zur Chefsache gemacht, kritisiert der CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter.

„Dass die Munitionsfrage noch immer ungeklärt ist, liegt schlicht am fehlenden politischen Willen im Kanzleramt“, so Kiesewetter weiter. Weder seien trotz Zeitenwende die Strukturen der Beschaffung geändert worden, noch habe man es geschafft, die heimische Industrie in den Modus einer Kriegswirtschaft umzustellen.

Kiesewetters Vorwurf: „Der Kanzler muss begreifen, dass Deutschland Kriegsziel ist.“ Solange das nicht der Fall sei, brauche man sich nicht über Verfehlungen im nachgelagerten Verteidigungsministerium zu wundern.




Der Munitionsstreit ist nur das neuste Kapitel in einer Reihe an Krisen, mit denen Ministerin Lambrecht stetig zu kämpfen hat. Jüngst hatte FDP-Verteidigungsexpertin Strack-Zimmermann eine Blockadehaltung im eigenen Ministerium gegenüber Lambrecht attestiert. Dazu kam heftige Kritik des Bundesrechnungshofs an den Beschaffungsplänen im Rahmen des 100-Milliarden-Sondervermögens für die Bundeswehr.

Mehrere Wünsche musste das Verteidigungsministerium daraufhin erst einmal von der Wunschliste streichen. Auch grassierende Infrastrukturprobleme bei der Truppe holen die Ministerin gerade ein, weil es einfach zu wenig Platz für die Neuanschaffungen gibt.

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