Streit um Entfristung bei der Deutschen Post „Scholz argumentiert ein Stück scheinheilig“

Michael Theurer ist der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion. Quelle: dpa

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer wirft Olaf Scholz in der Debatte um die Befristungspraxis der Deutschen Post Scheinheiligkeit vor. Fehlender Wettbewerb durch den Postmindestlohn sei das Problem.

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Die Deutsche Post hat bestätigt, dass befristete Arbeitsverträge nicht entfristet werden, wenn der Arbeitnehmer mehr als 20 Tage in zwei Jahren krank war. Das Bundesfinanzministerium als Anteilseigner will sich dafür einsetzen, diese Praxis abzuschaffen. Sie wollen die Empörung nicht teilen. Warum?
Olaf Scholz argumentiert ein Stück scheinheilig. Als Aktionär der Post steckt er gerne die Dividende ein. Als Sozialdemokrat will er jetzt in das operative Geschäft eingreifen. Man gewinnt den Eindruck: Da wo der Staat mitmischt, sind die Auswüchse am dreistesten. Siehe VW (Diesel, Boni, Winterkorn). Siehe jetzt die Post.
Es sei auch daran erinnert, dass vor zehn Jahren mit dem Postmindestlohn der Wettbewerb kaputtgemacht wurde und die Mitarbeiter daher auch nicht mehr zur Konkurrenz wechseln können. Es ging offensichtlich um Monopolpolitik und nicht um die Arbeitsbedingungen. Falls die Arbeitsbedingungen bei der Post sittenwidrig sein sollten, ist das eine Sache der Arbeitsgerichte.

Die FDP steht nun wieder als Partei da, die einseitig Arbeitgeberinteressen vertritt. Zu Recht?
Nein. Die FDP ist gleichzeitig diejenige Partei, die geringe und mittlere Einkommen beispielsweise beim Soli und bei den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung entlasten will. Zur Wahrheit gehört auch: Der Generation der jüngeren Arbeitnehmer haben Union und SPD mit ihrer Rentenpolitik Milliardenlasten aufgebürdet. Auch hier wollen wir korrigierend eingreifen.

Die FDP gilt auch als Partei der Freiberufler und Ärzte. Sind möglicherweise auch viele Ärzte ein Teil des Problems, weil sie allzu leichtfertig Krankenscheine ausstellen?
Wenn ein Arbeitnehmer krank ist, dann sollte er sich in einem funktionierenden Unternehmen auch krank melden dürfen. Das Krankheitsrisiko ist dabei nicht alleine vom Unternehmer, sondern muss eben auch von der Solidargemeinschaft getragen werden.

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