Streit um G20-Polizeieinsatz Camps zum Schlafen bleiben verboten

Kurz vor dem G20-Gipfel sind die Fronten zwischen Aktivisten und Polizei verhärtet. Vor allem um die Protestcamps gibt es Zank - und das auch in der Politik. Die Gerichte müssen nun sogar Nachtschichten einlegen.

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Am frühen Abend kam es dann zu Räumungen der Demonstrationen durch die Polizei. Auslöser dafür ist ein Protest-Camp, das das Verwaltungsgericht erlaubt hat. Quelle: dpa

Hamburg Der juristische Dauerstreit um Demonstrationen und Camps sowie erste Tumulte zwischen Aktivisten und Polizei nähren die Befürchtungen, dass die Proteste rund um den G20-Gipfel in Hamburg nicht friedlich bleiben. Zudem müssen sich Polizei und Innenbehörde für den Einsatz bei einem Protest-Camp rechtfertigen. Die Linken in der Hamburgischen Bürgerschaft forderten am Montag den Rücktritt von Innensenator Andy Grote (SPD), der „die politische Verantwortung für diesen vorsätzlichen Rechtsbruch“ trage.

Bei dem Protest-Camp auf der Elbhalbinsel Entenwerder hatte es am Sonntagabend erste Tumulte gegeben, als die Polizei elf Zelte wegen eines von ihr verhängten Übernachtungsverbots entfernte. Die Beamten setzten Pfefferspray ein. Ein Aktivist wurde festgenommen. Es habe eine verletzte Person gegeben, sagte eine Polizeisprecherin. Ein Sprecher des sogenannten G20-Ermittlungsausschusses, der in Kontakt mit Aktivisten steht, sprach von einer schwer verletzten Person und bis zu zehn Leichtverletzten. Zuvor war eine Demonstration friedlich verlaufen.

Unter Bruch der geltenden Rechtslage habe die Polizei den Aufbau des gerichtlich genehmigten Camps behindert beziehungsweise teilweise verhindert und zahlreiche Übergriffe begangen, erklärte die Hamburger Linksfraktion. „Statt Bürgerrechte zu verteidigen dulden SPD/Grüne in Hamburg rechtswidrigen Polizeieinsatz gegen genehmigtes Camp“, twitterte die Fraktionschefin der Linken im Bundestag, Sahra Wagenknecht. Der Linkenvorsitzende Bernd Riexinger fragte auf Twitter: „Ist unser Rechtsstaat in Hamburg aktuell im Urlaub?“

Das Hamburger Verwaltungsgericht bestätigte die Auflagen gegen ein Protest-Camp auf der Elbhalbinsel. Nach Angaben einer Gerichtssprecherin dürfen die G20-Gegner weiterhin keine Schlafzelte aufstellen sowie Küchen und Duschen errichten. Es seien aber zehn sogenannte Workshop-Zelte zulässig gewesen, die als Dauerkundgebung und Ruhezonen dienen können, sagte die Sprecherin.

„Das ist die Selbstermächtigung der Polizei, die jetzt gerichtlich legitimiert wird“, sagte hingegen Andreas Blechschmidt vom linksautonomen Kulturzentrum „Rote Flora“ der Deutschen Presse-Agentur. Es sei ein Signal an alle, die demonstrieren wollten, dass es offenbar keinen Rechtsschutz durch Hamburger Gerichte gebe. Auch das globalisierungskritische Netzwerk Attac sparte nicht mit Kritik. Polizei und rot-grüner Senat sollten auf den Boden des Grundgesetzes zurückkehren, forderte Judith Amler vom Attac-Rat.

Zu einer anderen Einschätzung kam die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG). Die bisherige polizeiliche Linie sei voll aufgegangen, sagte der DPolG-Bundesvorsitzende Rainer Wendt. „Das Konzept „Deeskalation durch Stärke“ verhindert Straftaten schon im Entstehungsprozess und ermöglicht gleichzeitig den friedlichen Protest.“

Für das geplante Camp im Altonaer Volkspark spielte das Oberverwaltungsgericht (OVG) den Ball zurück zur Polizei. Die Versammlungsbehörde solle als Folge einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nun sagen, ob und in welcher Form sie das Camp dulde oder nicht, sagte die Gerichtssprecherin.

Die Organisatoren des geplanten Camps im Altonaer Volkspark, die als „Notlösung“ im Stadtteil Lurup zwei Zirkuszelte sowie 15 Funktions- und Versammlungszelte aufbauen durften, prüften am Montag nach eigenen Angaben, ob sie das Bundesverfassungsgericht anrufen. Mit Blick auf die Camps sagte Blechschmidt, er gehe davon aus, dass die Aktivisten den Rechtsweg bis nach Karlsruhe ausschöpfen werden.

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