Streit wegen Flüchtlingspolitik Union und SPD werfen sich gegenseitig Versagen vor

Der Streit zwischen Union und SPD über die Flüchtlingspolitik geht weiter. Während sich die Parteien gegenseitig vorwerfen, Fortschritt auszubremsen, weist SPD-Vize Manuela Schwesig auf ein ganz anderes Problem hin.

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Im Flüchtlingsstreit sehen SPD und Union jeweils den anderen in der Schuld. Quelle: dpa

Berlin, Im Flüchtlingsstreit der Koalition legen Union und SPD nach. CDU-Generalsekretär Peter Tauber warf SPD-Chef Sigmar Gabriel am Montag vor, mit seinen kritischen Äußerungen vom Wochenende ein unverantwortliches Verhalten an den Tag zu legen. Gabriels Kritik am Kurs von Kanzlerin Angela Merkel sei eine „bodenlose Unverschämtheit“. Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig forderte derweil Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) auf, für eine bessere Registrierung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge zu sorgen.

Gabriel hatte Merkel und der CDU vorgeworfen, die Integration vieler Migranten und Flüchtlinge unterschätzt zu haben. Es reiche nicht, ständig zu sagen „Wir schaffen das“. Man müsse auch die Voraussetzungen dafür schaffen. Dies hätten CDU und CSU immer blockiert. Zugleich forderte der Vizekanzler eine Art Obergrenze, die sich an der „Integrationsfähigkeit eines Landes“ orientieren müsse.

CDU-Generalsekretär Tauber wies die Kritik nach einer Präsidiumssitzung scharf zurück: „Nur mit einem 'Refugees Welcome'-Button auf der Regierungsbank sitzen – das ist ein bisschen wenig“, sagte er in Anspielung auf einen Auftritt Gabriels. Nicht die CDU, sondern die SPD habe Reformen verhindert. Die Unzufriedenheit über das Verhalten Gabriels sei ausführlich Thema im CDU-Präsidium gewesen. Wenn er zeigen wolle, dass er noch Autorität als SPD-Chef habe, solle er zumindest dafür sorgen, dass die nordafrikanischen Staaten Marokko, Algerien und Tunesien wie verabredet zu sicheren Herkunftsländern erklärt würden. Dies verhindern die SPD-geführten Bundesländer mit Rücksicht auf die grünen Koalitionspartner. Auch CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte: „Es ist die SPD, die bremst und sich nicht an Absprachen hält, wie zum Beispiel die monatelange Blockade beim Asylpaket II.“

Gabriels Stellvertreterin Schwesig forderte unterdessen eine bessere Nachverfolgbarkeit, wohin jugendliche Flüchtlinge verschwinden. „Ich würde mir sehr wünschen, dass hier endlich die Registrierung besser erfolgt. Der Innenminister ist gefragt, mit dem BKA hier zu aussagekräftigen Zahlen zu kommen“, sagte die Familienministerin in Neubrandenburg.

Nach einer Statistik des Bundeskriminalamts (BKA) waren zum 1. Juli etwa 9000 unbegleitete Flüchtlingskinder als vermisst gemeldet. Die Zahl hat sich seit Jahresbeginn fast verdoppelt. 867 Kinder waren demnach bis zu 13 Jahre alt, gut 8000 zwischen 14 und 17 Jahre und 78 Personen knapp über 18 Jahre alt. Wenn sich die ohne Eltern eingereisten Kinder aus einer Aufnahmeeinrichtung entfernten, geben Betreuer oder Jugendämter laut BKA eine Vermisstenanzeige auf. Laut BKA entfernen sich die Kinder und Jugendlichen vielfach „nicht planlos“, sondern wollten ihre Eltern, Verwandten oder Bekannten in anderen deutschen Städten oder in Europa aufsuchen. Oftmals komme es zu Doppelregistrierungen in verschiedenen Unterkünften, da viele Minderjährige ohne Ausweispapiere reisten. Konkrete Erkenntnisse, das ein Teil der vermissten minderjährigen Flüchtlinge Kriminellen in die Hände gefallen sein könnten, lägen dem BKA nicht vor.

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