Streitgespräch Brauchen wir die D-Mark neben dem Euro?

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Meyer: Die EU droht kaputt zu gehen

Die zehn größten Euro-Lügen
Ex-EZB-Chef Jean-Claude Trichet Quelle: dpa
Wolfgang Schäuble Quelle: dpa
Giorgios Papandreou Quelle: dpa
Wolfgang Schäuble Quelle: dapd
Chef der Eurogruppe Jean-Claude Juncker Quelle: dapd
Angela Merkel mit Draghi Quelle: dapd
Mariano Rajoy Quelle: REUTERS

Dann müssen die Bürger mit starken Wechselkursbewegungen leben.

Meyer: Die Auf- und Abwertungen sind als Korrekturmechanismen notwendig und gewollt. Deshalb plädiere ich für möglichst flexible Wechselkurse. Andere Befürworter von Parallelwährungen ziehen eine gelenkte Abwertung vor. Die Wechselkurse könnten dabei innerhalb großzügig bemessener Bandbreiten um einen festgelegten Leitkurs zum Euro schwanken. Gerät eine Währung wie die Drachme unter Abwertungsdruck, müsste die EZB sie allerdings durch Käufe stützen. Dann wäre die EZB gezwungen, die angekauften Drachmen in griechischen Staatsanleihen anzulegen. Um die Ausfallrisiken in der EZB-Bilanz in Schach zu halten, müsste man die Interventionen allerdings eng begrenzen oder einen Europäischen Währungsfonds gründen, der mit limitierten Mitteln am Devisenmarkt interveniert. Aber noch einmal: Ich bin kein Anhänger gelenkter Abwertungen. Ich ziehe frei schwankende Wechselkurse vor...

Langhammer: ...die extrem überschießen können. Die Drachme würde in den Keller gehen. Dann hat die griechische Regierung nur zwei Möglichkeiten. Entweder sie greift durch Regulierungen in den Devisenmarkt ein. Oder sie nimmt hin, dass die Bürger den Euro der Drachme vorziehen und beendet das Experiment Parallelwährung.

Meyer: Sie betrachten nur die kurze Frist. Darüber hinaus habe ich Zweifel, dass der Euro gerettet werden kann. Um den Euro zu retten, haben die Regierungen hemmungslos gegen bestehende Verträge verstoßen und die Euro-Zone zu einer Transferunion umgemodelt, die falsche Anreize setzt und die Geberländer überfordert. Daran droht die gesamte EU kaputtzugehen. Fliegt der Euro auseinander, bricht das Chaos aus. Parallelwährungen können das verhindern. Denn sie setzen Selbsthilfe durch Abwertung an die Stelle von Fremdhilfe durch Transfers – und entschärfen so die Verteilungskonflikte.

Langhammer: Ich teile ja durchaus Ihre Befürchtungen, dass wir immer tiefer in eine Transferunion rutschen und die Euro-Länder realwirtschaftlich auseinanderdriften. Aber mit Parallelwährungen können Sie das nicht lösen. Dazu müssen Sie die realwirtschaftlichen und institutionellen Rahmenbedingungen in den Ländern ändern.

Meyer: Gerade an dieser Durchsetzung hapert es doch. Nach meinem Konzept kann jedes Land eine eigene Parallelwährung einführen. Doch nur die Länder, die auch die Stabilitätskriterien und die Reformauflagen erfüllen, dürfen Mitglied im Rat der EZB bleiben und über die Geldpolitik der Euro-Zone mitbestimmen. Ein Land wie Griechenland, das permanent gegen die Reformauflagen verstößt, müsste den Rat der EZB verlassen und hätte keinen Einfluss mehr auf die europäische Geldpolitik. Weil die Rettungsschirme nur für Mitglieder der Euro-Zone konzipiert sind, könnte Athen keine Gelder mehr daraus beanspruchen.

Wäre es nicht sinnvoll, den Währungswettbewerb möglichst weit zu fassen und neben den staatlichen Notenbanken auch private Emittenten als Anbieter von Geld zuzulassen?

Meyer: Grundsätzlich ist das eine gute Idee. Die staatlichen Notenbanken in Europa, Asien und den USA bilden ein Kartell der Geldflutung zulasten ihrer Bürger. Daher wäre die Öffnung des Marktes für private Anbieter von Währungen ein nachdenkenswertes Experiment. Ich fürchte nur, dass dieser Ansatz derzeit zum Scheitern verurteilt ist. Zum einen dürfte das Konzept eines freien Marktgeldes die Bürger überfordern. Zum anderen hat die politische Klasse kein Interesse daran, das Staatsgeld aufzugeben.

Langhammer: Wir sollten uns fragen, ob eine Zersplitterung der Währungslandschaft, wie sie mit freiem Marktgeld verbunden ist, sinnvoll ist. Ich halte das für keinen geeigneten Weg zu einem stabileren System. Man schafft nur zusätzliche Probleme im Austausch zwischen den Währungen.

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