Strombörse Wer am Stromhandel verdient

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Wirtschaftsregionen mit Überangebot und mit Mangel an Stromerzeugung

Zwar stellte das Kartellamt in dem im Januar dieses Jahres veröffentlichten Abschlussbericht fest, dass die Versorger in den Jahren 2007 und 2008 Kraftwerkskapazitäten zurückgehalten haben, obwohl sie den Strom hätten gewinnbringend verkaufen können, aber für ein offizielles Verfahren reichten die Belege nicht.

Auch die EU stellte ihre Untersuchung ein. Allerdings geben die Kontrolleure aus Brüssel nicht klein bei. Mit einer Verordnung wollen sie Marktmanipulationen im Energiehandel verbieten. Ein entsprechender Entwurf existiert bereits. Danach soll eine europäische Agentur überwachen, ob sich alle Handelspartner an den Strombörsen und im außerbörslichen Handel an die Spielregeln halten. Die EEX ist sichtlich bemüht, jeden Zweifel an der Transparenz im Stromhandel zu zerstreuen. So veröffentlicht sie tagesaktuell die geplanten sowie die tatsächlich von den Versorgern erzeugten Strommengen auf ihrer Internet-Seite.

Auch Privatanleger könnten mitmischen

Anders als für die durch elektromagnetische Messungen erhobenen Daten aus dem Ausland sind Kraftwerksdaten aus Deutschland für Stromhändler wenig interessant. Bert Murrays Arbeitgeber E.On bezahlt nicht viel für Daten von RWE oder Vattenfall: „Da gibt es kaum Geheimnisse, weil die deutschen Kraftwerke einmal täglich ihre Daten kostenfrei zur Verfügung stellen.“ Nur in einigen europäischen Ländern mache es Sinn, mehr Geld für Informationen in Echtzeit auszugeben.

Theoretisch könnte sich auch ein Privatanleger eine Handelsberechtigung an der EEX kaufen oder auch seine Bank beauftragen. Eine Chance gegen die Händler von E.On und RWE hätte er kaum. Die großen Versorger können sich ganz legal einen Informationsvorsprung verschaffen.

Keine Chinesische Mauer auf dem Strommarkt

In Banken dürfen Aktienhändler nicht wissen, an welchen Deals die hauseigenen Investmentbanker gerade arbeiten. Wüssten sie vorab etwa von einer Übernahme, könnten sie daran verdienen. Zwischen Handel und Investmentbanking stehen „Chinese Walls“, wer sie überschreitet, macht sich des Insiderhandels schuldig. Im Stromgeschäft aber gibt es keine Chinesische Mauer zwischen den hauseigenen Kraftwerken, die mit ihrer Produktion den Strompreis beeinflussen, und den Stromhändlern des eigenen Konzerns. Im Gegenteil: Alle Kraftwerksdaten laufen direkt beim Händler über den Schirm. Umgekehrt liefern Händler den Kraftwerken extern eingekaufte Informationen über die Stromproduktion der Wettbewerber.

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