Studie zur Energieversorgung Klimaziele sind nicht zu schaffen

Stromtrasse bei Lübeck Quelle: imago images

Selbst eine sehr optimistische Studie zum künftigen Energieverbrauch geht davon aus, dass das zwei-Grad-Ziel des Pariser Abkommen nicht erreicht werden wird.

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Die Klimaziele des Pariser Abkommens seien nicht zu erreichen. Das ist ein Ergebnis einer Energiestudie des norwegischen Technik-Beratungs-Unternehmens DNV GL. Bis zum Ende dieses Jahrhunderts würden rund 770 Gigatonnen CO2 mehr in die Atomsphäre abgegeben, als zulässig wären, um den globalen Temperaturanstieg auf 2,0 Grad Celsius zu begrenzen. Die Autoren der Studie erwarten einen Anstieg um 2,6 Grad bis zum Jahr 2100.

Mit ihrer Skepsis stehen die Experten des Konzerns nicht allein. Auch andere langfristige Energiestudien von großen Unternehmen, multinationalen Organisationen und Verbänden gehen in eine ähnliche Richtung. Erst vor einigen Tagen hatte der Chef der Weltwetterorganisation (WMO), Petteri Taalas, ebenfalls mitgeteilt, dass die Klimaziele des Pariser Abkommens nicht erreicht würden. Innerhalb der EU gibt es deshalb Bestrebungen, bis 2030 noch mehr CO2 einzusparen als bislang geplant.

Auch Deutschland, das sich mit seiner Energiewende als internationaler Vorreiter des Klimaschutzes betrachtet, wird seine nationalen Einsparungsziele im Rahmen der Europäischen Union nicht erreichen. Der Grund dafür sind nach einer aktuellen Studie der Denkfabrik Agora hohe Auto-Emissionen und geringe Fortschritte beim Heizen, die dazu führen, dass in Deutschland bis 2020 rund 93 Millionen Tonnen CO2 zu viel in die Luft gelangen. Wie die WirtschaftsWoche aus Regierungskreisen erfuhr, muss die Bundesregierung wohl bis zu zwei Milliarden Euro für Zertifikate an andere EU-Länder zahlen müssen. Anders als Berlin halten Regierungen in Osteuropa ihre Zusagen an die EU zum Klimaschutz bis 2020 ein. Laut EU liegen diese Länder um bis zu ein Viertel unter ihren nationalen Vorgaben. Steuert Berlin nicht um, würden die Risiken im Bundesetat bis 2030 noch mal drastisch steigen. „Uns wäre es lieber, das Geld in Klimaschutz und die Modernisierung der Infrastruktur bei uns zu investieren“, sagte dazu ein Sprecher von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD).

EU-Regierungen verfügen über Zertifikate, die dem maximal erlaubten Kohlendioxid-Ausstoß bis 2020 und erneut bis 2030 entsprechen. Wer mehr ausstößt, muss bei im Klimaschutz erfolgreicheren Staaten, die ihre Kontingente nicht ausgeschöpft haben, Zertifikate zukaufen. Ohne diese Ausgleichszahlungen an erfolgreichere Länder droht ein EU-Vertragsverletzungsverfahren.

30 Billionen Dollar für Energie-Infrastruktur

Die Energiestudie von DNV GL macht allerdings langfristig Hoffnung. Die Autoren gehören zu den wenigen, die eine Abnahme des Energieverbrauchs in der absehbaren Zukunft erwarten. Er werde 2035 seinen Höhepunkt erreichen und dann nicht weiter zunehmen. Ursache dafür: Effizienzsteigerung durch steigenden Anteil elektrischer Energie sowie die digitale Steuerung von Energieproduktion und -verteilung. „Der Zug zu den erneuerbaren Energien rollt und ist nicht mehr zu stoppen“, sagt Andreas Schröter, Geschäftsführer der deutschen Energiesparte von DNV GL mit Sitz in Hamburg. Die globale Energiewende werde einhergehen mit einem massiven Ausbau der Stromnetze. Laut DNV GL werden weltweit bis 2050 Investitionsmittel von rund 30 Billionen Dollar (25,45 Billionen Euro) in die Energie-Infrastruktur fließen.

„Die Erzeugungskosten werden deutlich sinken“, sagt Schröter. „Wir werden Innovationen sehen, die sich heute noch niemand vorstellen kann.“ Strom zum Aufladen von Elektroautos werde teilweise kostenfrei zur Verfügung stehen. Bis zum Jahr 2050 werde die Hälfte der Energie weltweit aus erneuerbaren Quellen wie Sonne und Wind sowie Kernenergie stammen, heißt es in der Studie. Die andere Hälfte wird nach wie vor von den fossilen Energieträgern Gas, Öl und Kohle kommen. Heute sind es mehr als 80 Prozent. Sie haben ihren Zenit entweder schon überschritten wie die Kohle oder werden in der Zukunft auf einen Schrumpfkurs einschwenken, das Öl bereits 2023 und Gas im Jahr 2036.


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