Suche nach Gauck-Nachfolger Konsens-Präsident verzweifelt gesucht

Wer könnte Nachfolger von Bundespräsident Gauck werden? Justizminister Maas hat eine konkrete Vorstellung, welche Fähigkeiten der Nachfolger haben muss. Andere Genossen wissen schon, wer dafür infrage kommen könnte.

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Noch residiert Bundespräsident Joachim Gauck im Schloss Bellevue in Berlin. Sein Nachfolger wird am 12. Februar von der Bundesversammlung gewählt. Quelle: dpa

Berlin Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hegt bei der Auswahl eines Nachfolgers für Bundespräsident Joachim Gauck Sympathie für eine parteiübergreifende Lösung. Bei einer Bundespräsidentenwahl müsse es zwar „grundsätzlich auch möglich sein, mit unterschiedlichen Konzepten und unterschiedlichen Personen in die Wahl zu gehen“, sagte Maas dem Handelsblatt. „Aber bei dem derzeitigen gesellschaftlichen Klima, das stark auf Ausgrenzung und Spaltung abzielt, kann es durchaus ein Gewinn sein, gemeinsam jemanden zu finden, der in der Lage ist, die Gesellschaft zusammenzuhalten.“

Auf die Frage, warum die SPD nicht Frank-Walter Steinmeier vorschlage, der laut Umfragen von der Bevölkerung favorisiert werde und als Außenminister allgemein akzeptiert sei, sagte Maas: „Die SPD wird zu geeigneter Zeit einen Vorschlag machen. Unabhängig davon: Frank-Walter Steinmeier leistet großartige Arbeit, das ist parteiübergreifend unbestritten.“

Andere in der SPD werben schon offensiv für Walter Steinmeier als Nachfolger für Gauck. Nach SPD-Generalsekretärin Katarina Barley sprach sich am Samstag auch Parteivize Ralf Stegner für Deutschlands Chef-Diplomaten. In der ZDF-Sendung „heute“ sagte er: „Wir brauchen ein Staatsoberhaupt, was sehr integer ist, was kommunikationsstark ist und über die Parteigrenzen hinaus auch Anerkennung findet. Und das gilt für Frank Steinmeier wie, glaube ich, für kaum einen anderen.“

Der Sozialdemokrat Steinmeier gilt allerdings bei der Union als nicht vermittelbar - auch wenn CDU und CSU eine einvernehmliche Lösung mit der SPD anstreben. Entsprechend wird höflich gebremst. „Ich halte nichts davon, in diesem frühen Stadium Namen zu nennen“, sagte Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) im ZDF. „Frank-Walter Steinmeier ist sicher ein guter Minister. Wir müssen aber gemeinsam eine Lösung finden, CDU, CSU und SPD.“

Ähnlich äußerte sich der CSU-Innenexperte im Bundestag, Stephan Mayer. „Bundesaußenminister Steinmeier ist ein erfahrener und respektabler Politiker und eine anerkannte Persönlichkeit“, sagte er der „Huffington Post“. Öffentlich diskutierte Vorschläge könnten die Betreffenden aber nachhaltig beschädigen. „Ziel sollte es sein, dass sich die drei Parteivorsitzenden der CDU, der CSU und der SPD einvernehmlich auf einen gemeinsamen geeigneten Kandidaten verständigen.“

Gaucks Nachfolger wird am 12. Februar von der Bundesversammlung gewählt. Am kommenden Donnerstag kommen die Spitzen von Union und SPD in Berlin zu einem Treffen zusammen, bei dem es auch um die Bundespräsidentenwahl gehen könnte.


„Wir haben keine Staatskrise und brauchen keinen Einheitskandidaten“

Allerdings formiert sich bei den Sozialdemokraten jetzt schon Widerstand gegen eine Bundespräsidenten-Kür gemeinsam mit der Union. Eine Einigung mit der CDU und CSU über die Gauck-Nachfolge sei „überhaupt noch nicht ausgemacht“, sagte Vize-Fraktionschef Axel Schäfer vom linken Parteiflügel der „Bild am Sonntag“. „Wir haben keine Staatskrise und brauchen keinen Einheitskandidaten. Demokratie lebt von der Auswahl. Das sehen in der SPD sehr viele so.“

Schäfer verwies darauf, dass die SPD in Großen Koalitionen bereits zweimal Gegenkandidaten zum Unionsmann aufgestellt habe: Gustav Heinemann und Gesine Schwan. CDU und CSU favorisieren indes eine einvernehmliche Lösung mit der SPD - und möglichst auch mit den Grünen.

Als möglicher rot-rot-grüner Kandidat dürfte Steinmeier sich ebenfalls kaum durchsetzen lasse. Entsprechend äußerte sich Linke-Parteichef Bernd Riexinger. Er sieht Steinmeier vor allem als Architekten der Agenda 2010 des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder. Der jetzige Außenminister war damals Kanzleramtschef. „Wir können nicht einen Bundespräsidenten wählen, der für soziale Spaltung, für Hartz IV, für Niedriglohnsektor steht - das ist nicht möglich“, sagte Riexinger der ARD.

In der Bundesversammlung, die den Bundespräsidenten am 12. Februar wählt, ist die CDU/CSU mit 542 bis 543 Stimmen die stärkste Kraft. Die absolute Mehrheit liegt bei 631 Stimmen. Neben der Großen Koalition aus Union und SPD hätte auch Schwarz-Grün genügend Stimmen, um den Bundespräsidenten im ersten Wahlgang zu wählen.

Rot-Rot-Grün liegt mit 625 bis 628 Stimmen knapp unter der absoluten Mehrheit und hätte allenfalls im dritten Wahlgang eine Chance, in dem die einfache Mehrheit ausreicht. Im ersten Wahlgang könnten aber die Piraten aushelfen.

Die Ungenauigkeiten bei den Wahlleuten kommen daher, dass in Schleswig-Holstein und in Rheinland-Pfalz die genaue Verteilung der Wahlleute auf die Fraktionen noch per Losentscheid festgelegt werden muss.

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