Tengelmann-Edeka-Fusion abgesagt Blamage für Gabriel

Die Ministererlaubnis für die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch Edeka war gut gemeint, aber schlecht gemacht. Für Sigmar Gabriel entwickelt sich die Supermarkt-Fusion zu seinem Albtraum. Ein Kommentar.

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Harte Kritik: Gabriels Verhalten in der Causa Edeka/Tengelmann begründe den Verdacht der Befangenheit, urteilten die Richter. Quelle: dpa

Sigmar Gabriel hatte sich von Anfang an schwer getan. Fast ein Jahr hatte sich der Bundeswirtschaftsminister Zeit gelassen, bevor er im März eine Ministererlaubnis für die Fusion der Supermarktketten Edeka und Kaiser’s Tengelmann erteilte. Er hebelte damit eine Entscheidung des Bundeskartellamtes aus – was ohnehin umstritten ist. Aus Protest trat sogar der Chef der Monopolkommission, Daniel Zimmer, zurück. Schon das war für Gabriel unangenehm. Dass nun das Oberlandesgericht Düsseldorf seine Sondererlaubnis stoppt, ist für den Wirtschaftsminister eine echte Blamage.

Die Richter begründen ihre Entscheidung auch noch damit, dass Gabriels Verhalten die Besorgnis der Befangenheit und fehlender Neutralität begründe. Das ist eine harte Kritik, letztlich werfen die Richter dem Wirtschaftsminister damit schwere handwerkliche Fehler vor. Fernab aller juristischen Fragen und der Folgen des Richterspruchs für die beiden Handelsunternehmen ist das für Gabriel vor allem politisch unangenehm. Bestätigen die Richter doch ein (Vor)urteil, das in Berlin, auch in Gabriels SPD, ohnehin grassiert: Der Wirtschaftsminister agiert allzu oft hemdsärmelig und sprunghaft, wenn er irgendwo ein Thema entdeckt, bei dem er glaubt punkten zu können.

Bei der Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch Edeka schielte Gabriel vor allem auf die Gewerkschaften, allen voran Verdi. Die Aussöhnung zwischen SPD und Gewerkschaften ist eines seiner Anliegen als SPD-Chef. Deshalb hängte Gabriel seiner Ministererlaubnis einen umfangreichen Auflagen-Katalog an, der vor allem den Interessen von Verdi und den Betriebsräten Rechnung trug. Für mindestens fünf Jahre sollten so gut wie alle 16.000 Arbeitsplätze erhalten bleiben.

Allerdings ging Gabriel bei der Verhandlungen dieser Bedingungen nach Meinung der Düsseldorfer Richter fragwürdig vor. Sie monieren Geheimgespräche zwischen dem Minister und den Unternehmensführungen von Edeka und Tengelmann. Zudem habe er die anderen Beteiligten, wie etwa Konkurrent Rewe, nicht ausreichend einbezogen. Dieser Vorwurf der Intransparenz wiegt umso schwerer, als Gabriel hätte gewarnt sein müssen.

Die Übernahmeschlacht wurde von allen Beteiligten mit großer Härte geführt, schon während sich das Bundeskartellamt über den Fall beugte. Klagen gegen Gabriels Entscheidung waren absehbar. Umso mehr hätte der Wirtschaftsminister peinlichst Sorgfalt walten lassen müssen.

Da er das offenkundig versäumt hat, hat er nun den Schaden. Hatte Gabriel gehofft, nach seiner Entscheidung den Fall abhaken zu können, holt er ihn jetzt mit umso mehr Wucht ein. Die Zweifel an der Ministererlaubnis waren ohnehin groß. Verbraucherschützer fürchten, dass Kunden durch höhere Preise zahlen müssen, wenn die ohnehin hohe Konzentration im deutschen Einzelhandel zunimmt.

Gabriel hatte stets dagegen gehalten und auf den Erhalt der Arbeitsplätze verwiesen. Aber auch hier gibt es Fragezeichen. Schließlich haben sich Verdi, die Betriebsräte und Edeka noch immer nicht auf die Umsetzung von Gabriels Auflagen geeinigt. Und über allem schwebt ohnehin die Frage: Lässt sich ein Arbeitsplatzabbau, der bei den kriselnden Kaiser’s-Filialen wirtschaftlich wohl notwendig ist, per Ministererlaubnis wirklich langfristig ausschließen? Man muss das bezweifeln.

Der frühere SPD-Kanzler Gerhard Schröder hatte sich Ende 1999 feiern lassen, als er geholfen hat ein Rettungspaket für den kriselnden Baukonzern Philipp Holzmann zu schnüren. Auch damals waren die Gewerkschaften erst begeistert. Dann folgte die Ernüchterung, als der Baukonzern trotzdem 2012 in die Pleite rutschte. Bei Gabriels Ministererlaubnis wäre sie wohl in fünf Jahren gekommen, wenn die vom ihm erzwungenen Jobgarantien ausgelaufen wären. Nun kam das böse Erwachen mit dem Urteil aus Düsseldorf für den Wirtschaftsminister noch früher.

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