Terrorbekämpfung Seehofer verbietet zwei PKK-Vereinigungen

Der Innenminister geht gegen zwei Vereinigungen vor, die zur kurdischen Arbeiterpartei gehören sollen. Die Terrororganisation nutzt Deutschland offenbar als Rückzugsraum.

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„Gerade weil die PKK trotz des Verbots in Deutschland weiterhin aktiv ist, ist es notwendig und geboten, die PKK in ihre Schranken zu weisen.“ Quelle: dpa

Berlin Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat zwei Vereinigungen verboten, die als Teilorganisationen der in Deutschland verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gelten. Wie das Bundesinnenministerium am Dienstagmitteilte, richtet sich das Verbot gegen die „Mezopotamien Verlag und Vertrieb GmbH“ sowie die „MIR Multimedia GmbH“. Seit den frühen Morgenstunden werde das Verbot in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen mit Durchsuchungen und der Beschlagnahme von Material vollzogen. Die PKK ist in Deutschland seit 1993 verboten und gilt in der EU, in den USA und in der Türkei als Terrororganisation.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Deutschland wiederholt aufgefordert, einen entschlosseneren Kampf gegen die PKK zu führen. Die Türkei habe auch Auslieferungsanträge gestellt, sagte Erdogan im vergangenen Herbst nach einem Staatsbesuch in Deutschland.

Der deutsch-türkische Abgeordnete der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP und Erdogan-Berater Mustafa Yeneroglu sagte der Deutschen Presse-Agentur, das Verbot sei „überfällig und begrüßenswert“. Es sei lange bekannt, dass die Vereinigungen „Teil der PKK-Struktur in Deutschland“ seien. Yeneroglu forderte zudem ein Verbot von weiteren PKK-Ersatzorganisationen in Deutschland.

Seehofer sagte laut Mitteilung seines Ministeriums: „Gerade weil die PKK trotz des Verbots in Deutschland weiterhin aktiv ist, ist es notwendig und geboten, die PKK in ihre Schranken zu weisen und die Einhaltung der Rechtsordnung sicher zu stellen“, sagte Seehofer laut Mitteilung.

Nach einer vorangegangenen Durchsuchung der Geschäftsräume habe sich der Verdacht bestätigt, dass der Geschäftsbetrieb beider Vereinigungen allein der Aufrechterhaltung des organisatorischen Zusammenhalts der PKK diene, teilte das Ministerium mit. Unter dem Tarnmantel als Verlagsbetriebe kämen sämtliche betriebswirtschaftlichen Aktivitäten ausschließlich der PKK zugute. „Mit ihrem wirtschaftlichen Ertrag werden die Aktionsmöglichkeiten der Terrororganisation in Deutschland und Europa nachhaltig gestärkt. Damit werden die Wirkungen des PKK-Verbots systematisch ausgehöhlt“, hieß es weiter.

Der kurdische Dachverband NAV-DEM (Demokratisches Kurdisches Gesellschaftszentrum Deutschlands) verurteilte das Verbot. Der Vorsitzende Tahir Köcer erklärte, der türkische Staat versuche die kurdische Identität auszulöschen. Mit dem Verbot des Verlages und des Musikvertriebs habe sich die Bundesregierung nun für eine „Fortsetzung dieser menschenverachtenden Politik auf deutschem Boden entschieden“. Nach Angaben des Verbandes waren bei den Durchsuchungen am 8. März 2018 tausende Bücher beschlagnahmt worden.

Die PKK ist in Deutschland nach Angaben des Bundesinnenministeriums mit etwa 14.500 Anhängern die „mit Abstand mitgliederstärkste extremistische Ausländerorganisation“. Sie nutze Deutschland als „Raum des Rückzugs, der Refinanzierung und Rekrutierung“. Die Strafverfolgungsbehörden der Länder haben demnach seit 2004 „in einer sehr hohen vierstelligen Zahl“ strafrechtliche Ermittlungsverfahren mit PKK-Bezug eingeleitet.

Der Generalbundesanwalt (GBA) hat den Angaben zufolge in bislang 180 Verfahren mit diesem Bezug ermittelt. Auf Anklage des GBA seien seit 1992 durch die Oberlandesgerichte mehr als 70 Urteile gegen Funktionsträger der PKK in Deutschland ergangen, mit denen mehr als 90 Angeklagte verurteilt wurden.

Darüber hinaus hätten die Behörden von Bund und Ländern seit 1993 weitere 52 der PKK zuzurechnende Organisationen verboten, teilte das Ministerium mit. 2008 hatte das Bundesinnenministerium den PKK-Fernsehsender Roj-TV mit einem Betätigungsverbot für Deutschland belegt.

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