Top oder Flop Gewinner und Verlierer des Politik-Jahres 2019

Ein neues Spitzen-Duo für die SPD, eine rasant aufsteigende Grünen-Politikerin und ein Verkehrsminister mit Maut-Debakel und Untersuchungsausschuss: Wir zeigen die Gewinner und Verlierer des Politik-Jahres 2019.

Gewinner: Saskia Esken & Norbert Walter-Borjans, SPD-Vorsitzenden-DuoEine vorher nur Digitalexperten geläufige Informatikerin aus Stuttgart und ein Politpensionär aus NRW führen nun die SPD. Wer darauf zum Start des sozialdemokratischen Mitgliedervotums im Sommer gewettet hätte, wäre heute vielleicht ein Fall für die Vermögensteuer, die die beiden so gerne reaktivieren würden. So unwahrscheinlich galt ein Erfolg von Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. Jetzt führen die beiden die älteste deutsche Partei mit einem dezidierten Linkskurs – und unter strenger Bewachung des Partei-Establishments, das auf Fehltritte und Taktikpatzer nur wartet. Denn merke: Wer heute in der SPD ein Gewinner ist, kann morgen schon wieder der Verlierer sein. Quelle: dpa
Gewinner: Annalena Baerbock, Parteichefin der GrünenKnapp zwei Jahre ist die Potsdamerin Parteichefin der Grünen – zusammen mit Robert Habeck. Bei ihrer Wiederwahl kürzlich beim Parteitag in Bielefeld hielt sie eine rasante Rede und hängte Habeck mit ihrem Traumergebnis von 97,1 Prozent ab. Soll mal einer sagen, dass er der natürliche Kandidat fürs Bundeskanzleramt sei, wenn die Ökopartei jemand dafür im nächsten Wahlkampf aufstellen sollte. Baerbock ist auf Augenhöhe. Die Umweltpolitikerin tritt bei allen großen Wirtschaftskonferenzen auf und überrascht dort das eher reservierte Publikum. Bereits in den später gescheiterten Jamaika-Verhandlungen zimmerte sie einen brauchbaren Kompromiss zum Kohleausstieg. Dass sie einen rasanten Aufstieg hingelegt hat, wird spätestens bei der jährlichen Rangliste der Talkshow-Politiker im deutschen Fernsehen sichtbar. Als Vertreterin der kleinsten Fraktion im Bundestag brachte sie es zur Talkshow-Queen und zehn Auftritten in diesem Jahr – noch vor Norbert Röttgen (CDU) und Kevin Kühnert (SPD). Quelle: REUTERS
Gewinner: Jens Spahn, Bundesgesundheitsminister (CDU)Sogar die Niederlage beim Wettkampf um den CDU-Vorsitz hat dem Münsterländer genützt. Im Zweikampf AKK und Friedrich Merz fiel der mit Abstand Jüngere zwar ab. Mit seinen Auftritten und Aussagen zu Themen jenseits der Gesundheitspolitik ist der 39-Jährige aber vor rund einem Jahr einem breiteren Publikum bekannt geworden. Jens Spahn feilt in drei verschiedenen Bereichen an seinem politischen Fortkommen – womöglich bis ganz an die Spitze des Bundeskabinetts. Als Gesundheitsminister arbeitet er im Eiltempo seine Agenda aus dem Koalitionsvertrag ab. Gesetze bringt er im Monatstakt ein. Dabei gibt er durchaus großzügig Geld aus und gewährt den potenziellen Wählern Leistungen. Spahn arbeitet zudem daran, als menschlich und zugewandt rüberzukommen. In den Sozialen Medien ist er sehr aktiv und seine Freizeit scheint er auf Veranstaltungen quer über die Republik verstreut zu verbringen. Schließlich knüpft Spahn systematisch Netzwerke in der Union und unterstützt reihenweise Wahlkämpfer von CDU und CSU. Oder er besucht als Gesundheitsminister Krankenhäuser und andere Einrichtungen – natürlich zusammen mit örtlichen CDU-Politikern. Solche Beziehungen und so viel Fleiß dürften sich irgendwann für ihn auszahlen. Quelle: dpa
Gewinner: Angela Merkel, Bundeskanzlerin (CDU)Ohne die SPD wäre Angela Merkel wahrscheinlich längst nicht mehr Bundeskanzlerin, weil es im vergangenen Jahr wohl Neuwahlen gegeben hätte. Dass sie nun zum dritten Mal Regierungschefin einer sogenannten großen Koalition ist, hat Merkel – im Gegensatz zu den Sozialdemokraten – stabilisiert: Sie ist laut Umfragen noch immer die beliebteste Politikerin des Landes. Wobei sie inzwischen mehr wie eine Bundespräsidentin als wie eine Bundeskanzlerin wirkt. Aber vielleicht ist das das ganze Geheimnis. Quelle: REUTERS
Verlierer: Andreas Scheuer, Bundesverkehrsminister (CSU)Wäre die Koalition nicht so brüchig, wer weiß, ob Andreas Scheuer nicht schon längst seinen Job verloren hätte. So gesehen ist er ein GroKo-Gewinner. Doch politische Bewertung folgten selten dialektischen Regeln, eher realpolitischen, und in der bitteren Realität dieser Regierung steht kein Minister so in der Kritik wie der CSU-Verkehrsminister. Scheuer hat sich mit dem Pkw-Maut-Debakel einen Untersuchungsausschuss eingehandelt und liefert mit einer offensiven PR-Strategie der Opposition immer neue Angriffsflächen. Auch andere Prestigeprojekte kommen nicht vom Fleck. Scheuer steckt im Dauerstau. Quelle: dpa
Verlierer: Friedrich Merz (CDU)Zuletzt war es fast schon tragisch: Der Mann, der so gerne CDU-Chef geworden wäre, nannte die Performance der Bundesregierung „grottenschlecht“ – und stolperte dann selbst wochenlang mit grottenschlechter Kommunikation durch die Tiefebenen der Bundespolitik. Merz, der eine lange und durchaus beachtliche Karriere in der Wirtschaft vorzuweisen hat, gab nicht den Konservativen mit ordnender Hand und kluger Räson, sondern irrlichterte, polterte, kritisierte. Es gibt zurzeit niemanden, der mehr danach trachtet, die SPD möge endlich die Koalition aufkündigen, als ihn – denn in einer CDU-Minderheitsregierung, so seine Hoffnung, könnte er vielleicht doch noch Minister werden. Quelle: dpa
Verlierer: Anja Karliczek, Bundesforschungsministerin (CDU)Als Angela Merkel Anja Karliczek 2018 in Kabinett berief, mussten viele erstmal googlen. Auch in der eigenen Partei. Anja wer? Seitdem hat Anja Karliczek die in sie gesteckten Hoffnungen, nun ja, noch nicht zur vollen Zufriedenheit erfüllt. Das Ministerium, das immer wieder als Schlüsselressort für die künftige Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit des Landes beschworen wird, fristet ein Schattendasein. Die Chefin des Hauses tritt bei Debatten zu wesentlichen Zukunftsfragen nicht in Erscheinung, substanzielle Impulse blieben aus. Größere Aufmerksamkeit erlangte Karliczek in diesem Jahr nur, als ein Förderwettbewerb für Batterieforschung ausgerechnet auch ihrem Wahlkreis zugutekam. Quelle: dpa
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