Tracking der Energiewende #4 Eine einzige Zahl zeigt das ganze Debakel der deutschen Energiewende

Energiewende in Deutschland: Der Rückstand wächst. Quelle: imago images

Vor allem der Bau neuer Windkraftanlagen an Land gerät ins Stocken. Das offenbart der Vergleich mit der Vergangenheit. Doch es gibt auch Hoffnung.

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458 Megawatt. Zahlen wie diese sind es, die den Mitarbeitern im Klimaministerium von Robert Habeck (Grüne) derzeit die Schweißperlen auf die Stirn treiben müssen. So groß nämlich war die Leistung neuer Windenergieanlagen an Land, die in den ersten Wochen des Jahres 2017 ans Netz gingen. Am 7. Februar 2017 waren dann jene 458 Megawatt erreicht. Zum gleichen Zeitpunkt im Jahr 2022 sind es: 59,4 Megawatt. Das entspricht kaum 13 Prozent der Summe von 2017.

Allein dieser Vergleich legt offen, wie schlecht es um den Ausbau der Erneuerbaren Energien im Land derzeit steht. Und das ausgerechnet jetzt, Wochen nachdem die Bundesregierung den Startschuss gesetzt hat zum großen Aufholmanöver in Sachen Grünstrom. Nur losgerannt ist danach offensichtlich keiner, wie auch der Blick auf den Ausbau in der aktuellen Woche offenbart.

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Nur ein einziges Windrad ist in der letzten Woche an den Start gegangen. Immerhin, bei der Fotovoltaik sieht es etwas besser aus, der Wochenzubau von 83 Megawatt bedeutet immerhin den zweitbesten Wert des Jahres, nur in der ersten Woche direkt nach Neujahr kamen mehr neue Solaranlagen hinzu. Da der Wert direkt nach dem Jahreswechsel aufgrund ungenauer Datenlieferungen leicht verzerrt gewesen sein dürfte, ist das tatsächlich eine beachtliche Steigerung gegenüber der Vorwoche (69 Megawatt).



Zwar liegt der tatsächliche Zubau bei der Fotovoltaik damit immer noch gut ein Drittel unter dem notwendigen Wochenschnitt. Es ist jedoch in Betracht zu ziehen, dass nicht wenige Anlagen zusammen mit fertiggestellten Neubauten ans Netz gehen dürften. Und auf dem Bausektor passiert in den Wintermonaten selten viel, hier ließe sich also auf einen großen Nachholeffekt im Frühling hoffen.

Mit Abstrichen gilt das auch für die Errichtung von Windkraftanlagen, da hier ebenfalls Fundamente gegossen werden müssen, eine ziemlich wetterabhängige Tätigkeit. Der Blick auf 2017 jedoch offenbart, dass das allein die ausbleibende Bautätigkeit nicht erklären kann.



Insgesamt wurde in der vergangenen Woche nämlich erneut (wie schon in der dritten Kalenderwoche) nur ein einziges Windrad ans Netz angeschlossen, diesmal in Brandenburg. In mehr als der Hälfte aller Flächenländer kam somit in diesem Jahr noch kein einziges Windrad hinzu.

Der größere Ausbau an Sonnenkraft ging diesmal vor allem auf das Konto Bayerns, wo in der vergangenen Woche mehr als 33 Megawatt Leistung dazukamen, was auch damit zu erklären ist, dass zwei größere Solarparks in Unterfranken ans Netz angeschlossen wurden. Auch Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz meldeten deutlich mehr Anlagen an, während Baden-Württemberg deutlich unter dem Wert der Vorwoche blieb.



Auch hier ist der Vergleich zu den ersten Wochen des Windrekordjahres 2017 aufschlussreich: Damals wurden bis zum 7. Februar 85 Megawatt Fotovoltaik ans Netz angeschlossen, unwesentlich mehr als in der vergangenen Woche. Während der Ausbau beim Wind also dramatisch an Schwung verloren hat, sind die Zuwächse bei der Solarenergie durchaus beachtlich. Bloß: Für die Gesamtmenge ist die Bilanz deutlich negativ.

In einer Hinsicht jedoch hält der Vergleich zu 2017 auch eine hoffnungsvolle Erkenntnis parat: Im Verlauf des gesamten Jahres wurden seinerzeit 6,8 Gigawatt Windleistung aus Landanlagen ans Netz gebracht, fast so viel wie Habeck sich für 2022 und 2023 zusammen vorgenommen hat. Die Ziele, so ambitioniert sie angesichts der schwachen Werte der letzten Jahre klingen mögen, sind also durchaus erreichbar.

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