Träume beeinflussen Wirtschaftskraft Wie deutsche Träume unser Land stark machen

Was kommt nach dem American Dream? Wovon die Menschen in einem Land träumen, entscheidet auch über die Wirtschaftskraft eines Landes.

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American Dream Quelle: REUTERS

Stephan Grünewald hat kürzlich junge Deutsche auf die Couch gelegt und war am Ende etwas überrascht. Der Mann ist Trendforscher, er betreibt in Köln die Unternehmensberatungsfirma Rheingold und findet mit tiefenpsychologischen Methoden heraus, was die Menschen hierzulande wünschen, fürchten und träumen.

Als er das zuletzt bei jungen Erwachsenen erfragte, solchen im Berufsanfängeralter zwischen 18 und 21, staunte er: "Wir waren verblüfft, wie bürgerlich-konservativ die Lebensträume ausfallen." Die Traumberufe seien heute oft diejenigen, die in den siebziger Jahren eher noch ein niedriges Sozialprestige hatten: Beamter, Bankkaufmann, Versicherungsangestellter.

So leben die Deutschen
Die klassische Familie ist in Deutschland auf dem Rückzug: Immer mehr Kinder wachsen bei Alleinerziehenden oder bei Paaren ohne Trauschein auf. Allerdings sind verheiratete Paare nach wie vor in der Mehrheit - insbesondere im Westen. Quelle: obs
Die Unterschiede der Familienformen in Ost und West sind auch mehr als 20 Jahre nach der Wiedervereinigung groß und in den vergangenen 15 Jahren sogar noch gewachsen, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Donnerstag berichtete. Quelle: obs
In 71 Prozent der Familien in Deutschland waren die Eltern 2011 verheiratet. 15 Jahre zuvor waren es allerdings noch 81 Prozent. Quelle: dpa
In jeder fünften Familie erzieht ein Elternteil den Nachwuchs allein (plus sechs Prozentpunkte). Quelle: dpa
Und in fast jeder zehnten Familie leben die Eltern ohne Trauschein zusammen. 1996 war das nur in jeder 20. Familie so. Quelle: dpa
Im Osten sind die Eltern deutlich seltener verheiratet als im Westen - und der Rückgang ist stärker. Nur noch in gut jeder zweiten Familie (54 Prozent) in den neuen Bundesländern leben die Eltern mit Trauschein zusammen. Quelle: dpa
Viel weniger als in den alten Bundesländern, wo die Eltern in drei Vierteln der Familien Eheleute sind. Der Rückgang (1996 bis 2011) war dabei im Osten mit 18 Prozentpunkten zugleich doppelt so stark wie im Westen mit neun Prozentpunkten. Quelle: dpa

Der German Dream – für den Psychologen Grünewald ist er in dieser Generation ein Streben nach Sicherheit, nach Überschaubarkeit, nach "einer beständigen Welt, in der wieder Sekundärtugenden zählen". Nach solider, planbarer aber keineswegs aufregender beruflicher Laufbahn, nach einer guten Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Risiko und Unternehmertum bleiben die Sache einer Minderheit.

Vielleicht überspitzt der Rheingold-Chef sein Urteil auch ein wenig. Es gibt ja Listen der beliebtesten Berufe junger Deutscher, ermittelt in Umfragen oder bei den Ämtern. Da kommen auch immer wieder Jobs wie "Fotograf", "Architekt" und auch "Informatiker" vor; da gibt es immer auch junge Menschen, die sich selbständig machen wollen und freiberuflich oder als Unternehmensgründer ihr Glück versuchen. Aber ganz grob betrachtet und im Vergleich mit anderen Ländern ist da etwas dran: In Deutschland träumt man nicht den großen Traum von Wagnis, Abenteuer und Selbstverwirklichung als Unternehmer. Man will ein Einfamilienhaus.

Von der Taube zum Falken
Irak-KriegObama war stets ein Gegner der Irak-Invasion, und im Wahkampf 2008 versprach er, den Krieg zu beenden. Er hielt Wort: Ende 2011 zogen die letzten US-Kampftruppen aus dem Irak ab.  Quelle: dpa
Afghanistan-KriegNachdem er noch einmal die Truppenanzahl verstärkt hatte, legte Obama erstmals einen Plan für das Ende des Afghanistan-Kriegs vor: Bis zum Jahr 2014 sollen US-Kampftruppen das Land am Hindukusch verlassen haben. Quelle: dapd
Kampf gegen den TerrorMit ähnlicher Härte wie Vorgänger George W. Bush geht Obama gegen Al-Kaida vor: Durch Drohnen-Attacken und Kommandoaktionen in Afghanistan, Pakistan und im Jemen wurde die Führungsstruktur des Terrornetzwerks geschwächt. Obamas Devise: Mit Al-Kaida kann man nicht verhandeln. Quelle: AP
Osama bin LadenEs ist der größte außenpolitische Erfolg des US-Präsidenten: Im Mai spürten ein Spezialkommando der US-Armee den Al-Kaida-Chef in Pakistan auf und tötete den Staatsfeind Nummer eins. Obama ordnete den riskanten Einsatz persönlich an, gegen den Rat seiner engsten Berater. Quelle: dapd
GuantanamoZwar beendete Obama kurz nach seiner Amtsübernahme wie versprochen die Folter als Verhörmethode der CIA und stoppte sowohl die Entführungen von Terrorverdächtigen aus anderen Ländern als auch die geheimen Gefängnisse des Geheidienstes. Doch ein Wahlversprechen ist noch immer offen: Der Präsident schaffte es nicht, das Gefangenenlager Guantanamo zu schließen. Oder er wollte es nicht. Quelle: dapd
Iran-KonfliktObama spart nicht mit kräftiger Rethorik, wenn es darum geht, den Iran vor dem mutmaßlichen Bau einer Atombombe zu warnen. Doch Teheran setzt sein Programm unbeirrt fort – und die US-Regierung muss zuschauen. Cyber-Attacken mit dem Computervirus Stuxnet, das aus US-Laboren stammen soll, immerhin haben Irans Atomanlagen offenbar empfindlich geschädigt.  Quelle: dpa
Nahost-Politik                               Die politischen Gegner werfen Obama vor, sich im Iran-Konflikt nicht klar genug um die Sorgen Israels zu kümmern. Überhaupt ist das Verhältnis zwischen dem US-Präsidenten und dem jüdischen Staat nicht unkompliziert: Der Amerikaner und Israels Premier verstehen sich nicht, die Lage im Nahostkonflikt hat sich in Obamas erster Amtszeit nicht gerade verbessert.   Quelle: Reuters

Das alte Klischee

Auf die Wirtschaftskraft und für die Neuerungsfähigkeit eines Landes haben solche Träume und Sehnsüchte einen Einfluss, sie übersetzen sich ja in unternehmerischen Wagemut, in Pflichtbewusstsein bei der Arbeit, in die Bereitschaft zur Anstrengung und Selbstausbeutung. So argumentierte schon der Sozialforscher Max Weber, der die kulturell gegebene Arbeitsethik einst zur Keimzelle des ganzen Kapitalismus erklärte. Der Harvard-Historiker Niall Ferguson sah das nicht viel anders, als er kürzlich über Deutschland und seine europäischen Nachbarn bitter urteilte: "Europäer sind heute die Faulpelze der Welt. Im Durchschnitt arbeiten sie weniger als Amerikaner und viel weniger als Asiaten. ...

Zwischen 2000 und 2009 arbeitete ein durchschnittlicher Amerikaner knapp 1.711 Stunden pro Jahr, aber der durchschnittliche Deutsche nur 1.437 Stunden." Seit 1979 klaffe diese Schere immer weiter auseinander, sagt Ferguson.

Wirtschaftswunder war einmal
1948
1957
1967
1973
1980
1986 Quelle: REUTERS
2000

Aber warum wird in den USA im Vergleich so hart gearbeitet? Tatsächlich stoßen viele Forscher auf der Suche nach Erklärungsmustern auf das alte Klischee des American Dream. Eine hohe Zahl von Amerikanern bekennt sich in Umfragen bis heute zu diesem Set von Vorstellungen: dass in ihrem Land jedermann den Aufstieg schaffen könne, egal welcher Herkunft oder Hautfarbe, solange er hart genug arbeite und ein ordentliches Leben führe. Wenn man an so etwas wirklich glaubt, ist das eine wunderbare Voraussetzung dafür, dass man sich für die Arbeit maximal aufopfert. Dass man Rückschläge wegsteckt, wieder auf die Beine kommt und etwas Neues anfängt.

Der chinesische Traum ist eher ein "kollektiver Traum"

Chinesischer Arbeiter Quelle: dapd

Dabei ist es eigentlich erstaunlich, dass sich dieser Mythos so lange hält. Der American Dream basiert ja nicht zuletzt auf Tellerwäscher-wird-Millionär-Geschichten, auf Karrieren wie die von Henry Ford, der einst vom Farmersjungen zum Autotycoon aufstieg. Aber so etwas kommt in den USA mittlerweile seltener vor als im angeblich so verknöcherten Europa. Nur acht Prozent amerikanischer Männer aus der untersten Einkommensschicht schaffen es, sich in das obere Fünftel hochzuarbeiten. In europäischen Ländern sind es mehr, allen voran bei den Dänen, wo 14 Prozent es von ganz unten nach ganz oben schaffen.

Die Wirklichkeit sieht ganz anders aus: Seit mehr als einer Generation stagniert das Jahreseinkommen der breiten amerikanischen Mehrheit. Dagegen verdreifachten sich die Einkünfte derer an der Spitze. 1973 war ein typisches Chefgehalt 26-mal so hoch wie ein durchschnittliches Gehalt, aber im heutigen Amerika ist es mehr als 300-mal so hoch.

Gibt es ein Aufwachen nach dem amerikanischen Traum? Die anhaltende hohe Arbeitslosigkeit im Land ist Gift für die kollektive Vorstellung, dass ein jeder es schaffen kann. In einem Werbespot für Chrysler – ausgerechnet – trat kürzlich die Nationalikone Clint Eastwood auf und jammerte sorgenvoll über die Seelenschieflage im Land: "Menschen sind ohne Jobs, sie leiden, und wir alle haben Angst, weil wir nicht wissen, ob wir ein Comeback schaffen". Und das Aufkommen der Occupy-Bewegung war nun wirklich etwas ganz und gar Ungewöhnliches in Amerika: eine öffentliche Protestbewegung, die mit ihren "Wir sind die 99-Prozent"-Sprüchen offenen Klassenkampf betrieben.

Und ein chinesischer Traum? Gibt es den auch? Und kann er erklären, warum die Chinesen nach wie vor – im Schnitt zumindest – so viel härter arbeiten und so bereitwillig die Opfer tragen, die der schnelle Wandel ihrer Wirtschaft mit sich bringt?

Ja, den Traum gebe es, sagt der Autor Nan Zhimo. Er sei aber im Vergleich zum American Dream "eher ein kollektiver Traum. Es geht darin um Chinas Versuch, die Beleidigungen und die Schande, die es vor 100 Jahren erlebt hat, zu rächen." Fragt man Chinesen nach dem chinesischen Traum, stutzen viele erst einmal. Natürlich, die Antwort der Regierung kennt jeder: Der chinesische Traum, das sei ein wohlhabendes Volk in einem starken Land. Doch was ist da noch?

Der Gott des Reichtums

Natürlich, der Traum vom Geldverdienen. In den vergangenen 35 Jahren der Reformpolitik sind viele wohlhabend geworden, einige sogar steinreich. Manchen geht es zumindest ein bisschen besser und selbst die Ärmsten hoffen, irgendwann auch etwas vom Aufstieg abzubekommen. "Chinas Mittelklasse wird bereits auf 300 Millionen geschätzt, das ist mehr als die gesamte Bevölkerung der USA", schreibt die chinesischstämmige Amerikanerin Helen Wang, Autorin eines Buches namens The Chinese Dream.

Sie sei erst in den vergangenen 15 bis 20 Jahren entstanden; noch Ende der neunziger Jahre hatten die Chinesen keine Autos. "Die Mittelschicht weiß, dass China wie wild wächst, und sie ist sehr damit beschäftigt, die Gelegenheit beim Schopf zu packen. Schließlich ist jedem klar, dass China nicht immer in diesem Tempo weiterwachsen wird, dass die Chance irgendwann vorbei ist."

Und so kommt es, dass ein wachsender Teil der chinesischen Bevölkerung heute den Traum vom schnellen persönlichen Wohlstand träumt. Und von dem Statusgewinn, der damit einhergeht. "Für die Amerikaner stand Geldverdienen schon immer an erster Stelle", sagt Li Yiping, Wirtschaftsprofessor an der Renmin Universität. "China aber verehrte früher den Beamten." Kaufleute hingegen hatten früher in China keine hohe Stellung. Der Süden bildete eine Ausnahme, hier lebten schon immer äußerst erfolgreiche Geschäftsleute, die Handel mit den Nachbarländern trieben und großen Einfluss genossen.

Das Volk hatte ohnehin nie etwas gegen das Geldverdienen. Schon seit jeher wünscht man sich Gongxi Facai, "Glückwunsch und auf dass du ein Vermögen verdienst" zum Neujahrsfest. Nicht von ungefähr wird der Gott des Reichtums angebetet.

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