Transparenz GroKo spart sich Lobbyregister zu Unrecht

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Branche profitiert von Transparenz

Wenige Straßen weiter empfängt Conall McDevitt Gäste in einem Besprechungsraum mit blau-grünem Wänden, die an die Irische See bei Sturm erinnern. Das stilvolle Ambiente mit sorgfältig kuratierten Vintage-Möbeln aus den 60er Jahren lässt ahnen, dass die Agentur Hume Brophy mit ihren gut 30 Beschäftigten in Dublin und Büros in London und Brüssel gute Geschäfte macht mit der Interessensvertretung ihrer Kunden. Der textile Wandbehang zeige die Kacheln der Männertoilette eines traditionsreichen Pubs in der Poolbeg Street, erklärt Agentur-Chef McDevitt und erzählt, dass seine Branche von der neuen Transparenz profitiert. „Unsere Profession hat mehr Legitimität“, betont McDevitt, früher in Nord-Irland in der Politik. Nach einem Blick ins Lobbyregister wissen die Iren nun, dass Hume Brophy kürzlich für seinen Kunden Intralot nachgehorcht hat, wann die Wettregulierung von 2013 endlich umgesetzt werde. „Wir haben nichts zu verbergen“, sagt McDevitt.

Das irische Transparenzregister soll die Interessensvertretung nicht abschaffen, sondern aus den Hinterzimmern holen. „Lobbyismus ist absolut unerlässlich in einer gesunden Demokratie“, betonte Brendan Howlin, als Reformminister treibende Kraft hinter dem Lobbyregister, bei der Einführung des Registers. „Wir können nicht in einem Vakuum funktionieren.“ Er betonte damals aber auch: Ohne Transparenz bestehe die Gefahr, dass private Einzelinteressen mehr Gewicht bekämen als Gemeinschaftsinteressen.

Irland hat erlebt, was passiert, wenn die Politiker scharenweise Partikularinteressen nachgeben. In den 90er Jahren erschütterten Skandale um Baugenehmigungen das Land, in die Ministerpräsident Bertie Ahern verwickelt war. Die Bankenkrise, die 2010 in einem Bailout mündete, brachte noch mehr Korruption ans Licht. Als die Troika ins Land kam, fragten sich viele Bürger, wie eine Demokratie die Selbstbestimmung verlieren könne. Bei der Wahl 2011 wurde Transparenz zum zentralen Thema. „Die Regierung hoffte anschließend mit der Reform, nicht nur in der Politik aufzuräumen, sondern das Vertrauen der Öffentlichkeit zurückzugewinnen nach dem Trauma des wirtschaftlichen Crash“, urteilt Politologe Gary Murphy von der Dublin City University.

Zyniker wie der mittlerweile verstorbene P.J. Mara argumentierten gegen die neuen Regeln für Lobbyisten. „Sie werden niemanden davon abhalten, Vier-Augengespräche in einer Ecke zu führen“, sagte der Vertraute des früheren Ministerpräsidenten Charles Haughey, der in Waffendeals verstrickt war. „Wer will, wird einen Weg um die Regulierung herum finden.“ Bisher gibt es keinen Beweis, dass er Recht behalten hätte. Es gibt allerdings auch keine Schätzungen, die Auskunft geben, wie viele Personen versuchen, sich am Register vorbeizumogeln. Cian Connaughton, Präsident des Public Relations Institute of Ireland, einem Zusammenschluss von PR- und Kommunikationsexperten, plädiert dafür, Missetäter gnadenlos zu outen: „Wir wollen, dass schwarze Schafe benannt werden.“

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