Transparenz GroKo spart sich Lobbyregister zu Unrecht

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Transparenzregister - nicht mit der GroKo

In Deutschland plädieren Connaughtons Kollegen von der Deutschen Gesellschaft für Politikberatung schon seit bald einem Jahrzehnt für ein verpflichtendes Transparenzregister und hatten ihre Forderung im Herbst vor der Bundestagswahl wiederholt. Die Grünen hatten bei der Verhandlung zur Jamaica-Koalition dafür gesorgt, dass ein Register immerhin in den Entwürfen eines Koalitionsvertrags auftauchte. Die Große Koalition hat nun aber völlig darauf verzichtet.

"Dieser Vertrag ist noch scheußlicher als erwartet"
Oliver Zander, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall Quelle: Gesamtmetall
Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) Quelle: dpa
Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler Quelle: dapd
Dieter Kempf, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) Quelle: dpa
VDA-Präsident Matthias Wissmann Quelle: dpa
Reiner Hoffmann, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Quelle: dpa
Achim Berg, Präsident des Digitalverbands Bitkom Quelle: dpa

Die Regeln bleiben also weiter lasch. Deutschland war 1972 der erste EU-Staat, der sich Regeln für das Lobbying gab, aber die beschränken sich darauf, dass Interessensverbände im Parlament nur angehört werden können, wenn sie sich in die „Öffentliche Liste registrierter Verbände“ eintragen lassen. Einzelne Unternehmen, Anwaltskanzleien und Einzelparteien sind von der Vorschrift allerdings nicht erfasst.

Nicht nur die Iren sind weiter. Frankreich hat im vergangenen Jahr beschlossen, ein Transparenzregister einzuführen. „Wir beobachten viel Interesse für unser Modell“, sagt die irische Lobbyregister-Chefin Perreault in Dublin. „Die Leute sind auf der Suche nach Vorbildern.“

In Deutschland kommt das Thema aber nicht recht in Schwung. Die SPD hatte im Frühjahr einen Gesetzesentwurf für schärfere Regeln für Lobbyisten vorgelegt, der keine Mehrheit im Bundestag fand. Damit hatte die Fraktion freilich auf einen Skandal in den eigenen Reihen reagiert. Eine parteieigne Kommunikationsagentur hatte gegen Geld Gespräche mit Spitzengenossen vermittelt.

Viele Abgeordnete halten es wie Michael Größe Brömer. "Ich möchte als Abgeordneter nicht staatlich überwacht werden“, sagt der erste parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion "Ich halte ein Lobbyregister für keine wirksame Maßnahme, um in irgendeiner Form mehr Transparenz zu schaffen." Timo Lange von der Nicht-Regierungsorganisation Lobbycontrol beobachtet, dass Abgeordnete bei dem Thema schnell defensiv werden: „Sie haben Angst, dass man ihnen unterstellt, sie könnten nicht mit Lobbyisten umgehen.“

Gerade Vertreter der Union haben argumentiert, dass Lobbying in Deutschland kein Problem darstelle. Jüngst häufen sich allerdings die Fälle, in denen Transparenz dringend notwendig gewesen wäre, um das Vertrauen in die Demokratie zu stärken. Beispiele sind etwa die Dieselmanipulationen bei den Autoherstellern oder die dubiosen Verbindungen der CDU-Abgeordneten Karin Strenz zum Unrechtsregime von Aserbaidschan.

Vielleicht muss es kommen wie in Irland, ehe die Politik für Durchblick sorgt. Das Wählervertrauen muss noch weiter sinken, ehe die Zeit reif für mehr Transparenz ist.

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