Treffen der Koalitionsspitzen Gegengeschäfte für die Erbschaftsteuerreform?

Die Koalitionsspitzen beraten am Abend über die Erbschaftsteuerreform. Schwarz-Rot liegt kurz vor Ablauf der Frist noch weit auseinander. Koalitionspolitiker sehen einen Ausweg, um doch noch eine Einigung zu erzielen.

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Auf einem Spitzentreffen beraten die Koalitionsspitzen über die Erbschaftsteuerreform. Quelle: dpa

Berlin Die vom Bundesverfassungsgericht angemahnte Reform der Erbschaftsteuer bleibt kurz vor Ablauf der Frist hart umkämpft. Vor einem Treffen der Koalitionsspitzen am Mittwochabend in Berlin gaben sich Union und SPD unversöhnlich. Vor allem CSU und SPD liegen beim Ausmaß der künftigen steuerlichen Bevorzugung von Firmenerben nach wie vor weit auseinander.

Möglich sei, dass eine Einigung im Rahmen eines größeren Kompromisspakets gelingen könnte mit „Gegengeschäften“ zu anderen Streitpunkten, hieß es in Koalitionskreisen. Bei dem Treffen des erweiterten Koalitionsausschusses (20.30 Uhr) soll es auch um Pläne für die gleiche Bezahlung von Männern und Frauen, das sogenannte Teilhabegesetz zur Integration Behinderter sowie möglicherweise um die geplanten Steueranreize für den Wohnungsbau gehen.

Die Zeit für eine Koalitionseinigung wird immer knapper. Das Bundesverfassungsgericht hatte der Politik bis zum 30. Juni dieses Jahres und damit eineinhalb Jahre Zeit gegeben, die bisherige Begünstigung von Firmenerben bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer neu zu regeln. Die Karlsruher Richter hatten einige Privilegien als überzogen kritisiert und gekippt. Womöglich spielt die CSU auch auf Zeit: Sie geht dem Vernehmen davon aus, dass bei einem Scheitern die bisherigen Regeln nach dem 1. Juli zunächst weiter gelten dürften.

Eine Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, man hoffe auf Fortschritte: „Darauf warten wir.“ Das Ministerium wolle sich aber nicht an Spekulationen beteiligen, was passiere, wenn es keine Einigung bis Ende Juni geben sollte.

CDU, CSU und SPD im Bundestag hatten sich im Februar auf ein Modell verständigt. Bayern und die CSU in München pochten anschließend aber auf weitergehendere Begünstigungen und stellten eine Katalog mit acht Forderungen auf. Diese lehnt die SPD bislang ab und nennt den bisherigen Kompromiss schon sehr weitgehend. Unmut über das Vorgehen der CSU gibt es auch in der CDU. Auch Wirtschaftsverbände befürchten inzwischen eine unklare Rechtslage.

Der CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach verteidigte die Haltung seiner Partei. Im Südwestrundfunk verwies er darauf, dass der vorliegende Kompromiss für Erben von Unternehmen Steuererhöhungen bedeute. Die CSU sei der „Lordsiegelbewahrer“ des Koalitionsvertrags, in dem sich Union und SPD geeinigt hätten, in dieser Legislaturperiode keine Steuern zu erhöhen.

Unions-Fraktionsvize Ralph Brinkhaus (CDU) sagte auf Anfrage, wichtig sei, „dass zügig Rechtssicherheit hergestellt wird“. Er könne nur davor warnen, die Frist des Verfassungsgerichts zu reißen.

Richard Pitterle von der Linken-Fraktion im Bundestag kritisierte, bei der Hartz-IV-Reform oder schärferen Asylgesetzen sei die Einigkeit in wenigen Tagen hergestellt. „Den Reichsten der Reichen lässt man hingegen jede Zeit der Welt, ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen.“ Ein besonderes Geschmäckle bekomme die Verweigerung dadurch, weil man sich bereits rückversichert habe, dass im Fall einer Nichteinigung innerhalb der Frist nichts passiere.

Die FDP appellierte an die Koalition, bei der Reform nicht zu überziehen. „Die Familienunternehmer und ihre Millionen Beschäftigten wissen seit Jahren nicht, was mit der Erbschaftsteuer auf ihre Betriebe zukommt. Das Unvermögen der großen Koalition, hier Klarheit zu schaffen, ist skandalös“, sagte der Parteivorsitzende Christian Lindner der Deutschen Presse-Agentur.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) mahnte, die Koalition dürfe mit der Neuregelung nicht auf den Sankt Nimmerleinstag warten. „Eine anständige, verfassungsgemäße Erbschaftsteuer ist ein dringend notwendiges gesellschaftliches Signal“, sagte Vorstandsmitglied Stefan Körzell. Auch Unternehmenserben gehörten in die Pflicht.

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